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Messsucher Fotografie, Elektrisches und Bass

1973 Fujica ST 801

Ein ganz besonders Familienerbstück bekommt hier seine Bühne. Endlich, denn ich habe diese Kamera schon sehr lange. Die Fujica ST 801 ist zwar keine Meßsucherkamera, aber dafür eben eine Kamera, mit der man 1973 deutlich weniger Kompromisse eingehen musste. Seit 1973 ist die Fujica im Familienbesitz und damit Bühne frei für die ST 801.

Design

Form Follows Function. Nicht mehr und nicht weniger. Unter dem Buckel tront ein Pentaprisma. Daneben die Zeitmechanik und der Filmtransport. Der Verschluss läuft wie bei einer Leica horizontal ab und da das Leicaprinzip wohl die Inspiration für die Mechanik war, ist auch die Anordnung der Rollos und Achsen die gleiche wie beim Vorbild aus Wetzlar. Daher ist die Fujica ST 801 auch eine Falschwicklerin, d.h. der Film wird gegenläufig aufgewickelt. Sowas ist immer etwas nachteilig für die, die daheim selbst entwickeln. Die Kamera liegt hinreichend gut in der Hand, ist dabei aber inkl. Objektiv ziemlich schwer und neigt zur Kopflastigkeit. Insgesamt, kann man damit aber hervorragend arbeiten, auch wenn man das eine oder andere Mal auf die Bedienelemente schauen muss, weil sich nicht wirklich ergonomisch verteilt sind.

Fujica ST 801
Fujica ST801 mit Fujinon EBC 55mm 1:1.8

E-Technik

Die Fujica ST 801 kam 1971 auf den Markt und trumpfte damals mit Technik auf, die in der heutigen Zeit sehr vorteilhaft ist, denn ihre Belichtungsmessung arbeitet mit Silizium Photodioden für die Messung und LEDs für die Anzeige im Sucher. Es kommt als keine klassische und träge CDS Zelle zum Einsatz. Photodioden reagieren erheblich schneller auf Licht, als Photowiderstände und für die diodenbasierte Technik, braucht man keine Konstantspannung, sondern die Fujica ST 801 arbeitet mit einer 6V Silberoxidbatterie (4x SR44 oder 1x PX-28), die man heute einfach so kaufen kann – im Gegensatz zu den alten Quecksilberbatterien.

M42 aber Bajonet

Zwar verwendet die Fuji ST 801 ein M42 Schraubgewinde, aber sie verfügt über einen bajonettartigen Verrigelungsmechnismus und einen Blendenmitnehmer, um die Objektivblende an die Belichtungsmessung zu übertragen. Aus ISO, Blende und Verschlusszeit berechnet die Fujica ST 801 die Belichtung und zeigt im Sucher eine LED Skala über Über-/Unterbelichtung an. Die LED Skala ist sogar stufenlos, da benachbarte LEDs unterschiedlich hell leuchten. Durch die saubere Fase am Gewinde, kann man das Objektiv in jeder beliebigen Stellung ansetzen und eindrehen. Ist das Objektiv in seiner korrekt ausgerichteten Position angekommen, wird es automatisch verriegelt. Daher muss man es auch mit einer Taste entriegeln, bevor es wieder abgenommen werden kann.

Fujica ST 801
Das M42 ”Bajonett“ der Fujica ST801

Fujinon EBC

Über die Fujinon Objektive braucht man ja nicht viel sagen. Gute bis exzellente Objektive sind traditionell ein Markenzeichen von Fuji. Das Standardmässige 55mm 1:1.8 ist da keine Ausnahme. Hervorragende Schärfe und gleichzeitig ein sehr schönes Bokeh, sprechen für das Objektiv. Das EBC steht bei Fuji für Electro Beam Coating und beschreibt Fujis Technologie der Linsenvergütung mittels Verdampfung von Metallen in einer Vakuumkammer unter Einsatz eines Elektronenstrahls. Im Ergebnis haben wir hier Linsen, die nahezu keine Reflektionen erzeugen. Im Gegenlicht zu fotografieren ist also kein Problem für ein EBC Objektiv. Schade ist jedoch, dass der Blendenring nur bei vollen Blendenzahlen rastet. 1/3 Stufen hätte ich besser gefunden.

Fujica ST 801
Kamera und Objektiv

Die Erhellung

Bei eigentlich den meisten Spiegelreflexkameras, ist das Bild im Sucher merklich dunkler, als die Umgebung. Die Mattscheibe verschlingt ja immer etwas Licht. Die Fujica ST 801 gehört zu den wenigen Ausnahmen. Der Sucher ist nahezu genauso hell, wie die Umgebung und zusammen mit dem 55mm Objektiv sieht man ein 1:1 Abbild des Motivs. Das hat fast etwas Meßsucherfeeling. Die Mattscheibe kombiniert eine Mattscheibe mit einem Schnittbild und einem Fresnel-Ring um das Schnittbild. Es ist quasi das Maximum, was man aus einer Mattscheibe herausholen kann. Die Fokussierung ist mit diesem Sucher ein Traum und leider viel besser, als mit jedem Meßsucher. Der Ausschnitt ist nicht ganz 100%, d.h. das finale Bild zeigt etwas mehr als der Sucher.

Fujica ST 801
durch den Sucher

Einspiegelung

Im Sucher ist die Verschlusszeit und die Belichtungsanzeige eingespiegelt. Man muss allerdings dicht an das Okular der Fuji ST 801 heran, um die Einspiegelung am jeweils rechten und linken Rand des Suchers sehen zu können. Als Brillenträger ist das serienmässige Okular nicht seht gut zu gebrauchen, aber dank des normalen 19mm Gewindes kann man jeden gängigen Diopter vor den Sucher schrauben.

Handling

Technische Daten sind das eine, aber hier geht es uns ja um die fotografische Praxis. Der Filmtransport braucht einen recht langen Weg. Aufziehen mit einer Hand geht entsprechend relativ schlecht. Beidhändig gehalten ist das natürlich kein Problem, aber für „kreativere“ Techniken ist das u.U. eben nicht so elegant. Das 55mm Objektiv erlaubt einen sehr geringen Motivabstand und damit einen relativ hohen Abbildungsmaßstab. Zusammen mit der eigentlich recht universellen Brennweite, hat man damit viel Gestaltungspielraum. Dank der schnellsten Verschlusszeit von 1/2000 Sekunde, lassen sich Bewegungen sehr gut einfrieren. Die Blitzsynchronzeit von 1/60 zeigt uns aber das Leica-Erbe. Wenigstens 1/125 wäre besser gewesen, ist aber mit dem Leicaprinzip nicht zu machen. Die 1/2000 ist in Realtät deutlich langsamer. Im Mittel gemessen, kommt man auf 1/1400. Ob die Kamera im Neuzustand schneller war, kann ich allerdings nicht sagen, denn mein wundervolles Exemplar ist bis auf den Spieldämpfer noch zu 100% Original.

Fujica ST 801
Offen für Filme im 35mm Format

Qualität

Verarbeitung und Finish sind auf einem sehr hohen Niveau. Die Deckkappe ist herausragend schön verlötet und das Chromfinish ist samtig und makellos. Es ist aber auch jeden Menge Plastik im Detail verbaut. Insgesamt aber eine hochwertige Kamera.

Fujica ST 801
on top

Technisches

  • M42 Spiegelreflexkamera
  • Belichtungsmessung 25 bis 3200 ASA in 1/3 Stufen
  • Photodioden, LEDs
  • 6V PX-28 oder 4x SR44
  • Horizontaler Schlitzverschluss aus Tuch
  • 1/1 bis 1/2000 und B
  • Blendenkoppelung mit Vorschautaste arretierbar
  • Hotshoe X Sync 1/60
  • 2x Flashport FP und X
  • Stativgewinde
  • Bildzählwerk selbstrückstellend
  • Suchereinspiegelung Verschlusszeit und Belichtung
  • Drahtauslösergewinde im Auslöser
  • Auslösesperre im Auslöser
  • Selbstauslöser Vorlauf 10 Sekunden
  • Schnellschalthebel ca. 120 Grad

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