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Werkstatt Talk: Autokollimator

Ein scharfes Objektiv darf kein Zufall sein. Weil das auch der Kamerahersteller so sieht, hat er beim Bau der Kamera die Optik vermessen und justiert. Wenn die Kamera irgendwann repariert werden muß, gilt es auch hier sicherzustelllen, dass die Optik nach dem Eingriff wieder optimal scharf und zentriert abbildet. Ein noch relativ einfacher Fall beim Warten einer Meßucherkamera ist die Justage der Unendlichstellung.

Die Unendlichstellung des Objektivs gehört zu den wichtigsten Parametern der Objektivjustage. Einfach formuliert: Stimmt die Unendlichstellung nicht, wird das Bild nicht scharf. Bei keiner Fokuseinstellung des Meßsuchers. Wie bekommen wir heraus, ob das Objektiv korrekt auf Unendlich steht? Was ist eigentlich das Besondere an Unendlich?

Mit der zweiten Frage fange ich an. In der Unendlichstellung des Objektivs treffen die Lichstrahlen genau parallel ins Linsensystem. Objekte, die so weit weg sind, dass ihre Lichtstrahlen parallel auf die vordere Linse treffen, sollten nun scharf auf der Filmebene abgebildet werden. Wenn nicht, ist das definitiv schlecht.

Man könnte jetzt in Versuchsreihen solange experimentieren, bis man die Optik richtig justiert hat. Dazu braucht man wahrscheinlich 500 Filme und 1000 Liter Entwickler 😉 Aber Spass beiseite. Das bringt es nicht.

Viel einfacher ist es, einfach ein unendlich entferntes Objekt zu simulieren. Das kann man durchaus selber zu Hause machen, indem man eine weitere Kamera mit einem Teleobjektiv nimmt, beide Kameras auf Unendlich stellt und damit ein Testmuster im Filmfach der Testkamera fotografiert. Dazu gibt es Anleitungen im Netz, aber: Beide Optiken müssen auf einer exakten optischen Achse sein. Da wirds dann schwierig.

Für die präzise Vermessung in der Werkstatt, gibt es den Autokollimator. Das Gerät basiert auf einem Kollimatorobjektiv. Von der Seite wird ein Lichtpunkt über einen teildurchlässigen Spiegel in die Optik gelenkt. Dieser Lichtpunkt tritt aus der Linse aus und trifft absolut parallel in die Kameraoptik. Die Kamera liegt auf einem speziellen Block, der die Kamera extakt in der optischen Achse ausrichtet und in dem ein Spiegel eingebaut ist, der exakt in der Filmebene der Kamera liegt. Der Lichtpunkt trifft nun auf den Spiegel und wird zurückreflektiert in den Kollimator. Hier geht der Lichstrahl jetzt ins Okular, das ein auf die optische Achse ausgerichtetes Fadenkreuz besitzt.

In der Anwendung ist das recht simpel. Je kleiner und schärfer der Lichtpunkt im Okular erscheint, desto genauer die Unendlichstellung. Leuchtet das gesamte Okularfenster, stimmt gar nichts. Das wäre schlecht. Außerdem sollte der Lichpunkt konzentrisch um das Fadenkreuz liegen. Dann ist die Optik perfekt zentriert.

Wenn man ein Objektiv komplett zerlegen musste, kann es schon einige Zeit dauern, bis man die Linsen wieder so zueinander eingestellt hat, das Kollimator und sein Bediener zufrieden sind. Dafür kann man aber hinterher sicher sein, dass die Linse richtig scharf abbildet.

Was in der Praxis leider oft vorkommt: Man versucht sich in einer Eigenreparatur, denn es gibt ja so viele Anleitungen im Netz. Der Zentralverschluß ist verharzt, also raus mit der Frontlinse und rein mit dem Wattestäbchen. Dann Linse wieder rein bis zum Anschlag und fertig. Aber warum werden danach die Bilder irgendwie nicht mehr knackig scharf? Ganz einfach. Das Frontlinsenelement wurde in der Fabrik mit einem Klebstoff im Gewinde eingetzt, vermessen und in die richtige Position gebracht. Der Kleber fixiert die Linse und die Kamera macht scharfe Bilder. Nach der Reparatur aber, denken die Meisten, dass die Linse bis zum Anschlag eingeschraubt war. Am Anschlag ist die Linse aber zu dicht am folgenden Linsenelement und die Optik erreicht die Unendlichstellung nicht mehr. Man kann natürlich auch glück haben und es gibt Konstruktionen, die davon ausgehen, dass das Element zum Anschlag gedreht wird, aber ein gründlicher Justierprozess ist durch nichts zu ersetzen.

Monströs, unglaublich schwer, alt aber ein tolles und unerlässliches Werkzeug: Der Autokollimator.

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7 Kommentare

  1. Eddi 28. Februar 2019

    Ich wußte gar nicht, das es solche Apparate gibt :O
    Könnte ich Euch meine Himatic 7s2 schicken? Die macht nämlich keine scharfen Bilder, obwohl sie wie neu daherkommt.

  2. Sascha 28. Februar 2019

    Sehr cool. Ich verstehe zwar nix von dem wirklich, aber ich freue mich jetzt noch mehr auf meine neue G-III von Dir.

  3. Michael 4. März 2019

    Justierst Du auch einzelne Objektive?

    • Matz 4. März 2019 — Autor der Seiten

      Das Justieren macht nur zusammen mit einer bzw. der Kamera sinn, an der das Objektiv eingesetzt werden soll. Ich kann das Objektiv vermessen und bestimmen, ob Unendlich und Zentrierung passt und wie große die Brennweitenabweichung ist. Ich würde das Objektiv aber nicht öffnen, um es zu justieren. Bei Meßsucherkameras ist das etwas anderes, da ich da primär den Meßsucher justiere. Bei den Kompakten Meßsuchern, auf die ich mich spezialisiert habe, weiß ich zudem, wie ich die Linsengruppen justieren muß, um die gesamte Optik perfekt einzustellen. Bei generell allen Objektiven wird das schwierig.
      Gruss, Matz

  4. Eddi 25. März 2019

    Hi Matz!
    An dieser Stelle auch nochmal einen riesen Dank an Dich, für das ultra perfekte Einstellen meiner 7s2. Heute ist der erste Film aus dem Labor gekommen. Die Schärfe ist beeindruckend. Du hast einen geilen Job gemacht !!!

  5. Torben Buschermöhle 29. August 2022

    Guten Tag,
    Der Post ist zwar schon etwas älter aber kannst du mir auch meine Retina IIa einstellen?
    Sie hat das Rodenstock 2.0 aber ist immernoch nicht so scharf wie ich erwartet habe.
    LG

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