Ich bin – bzw. war (leider) – eigentlich ein echter Fan des Squier CV 70s. Leider hatte der Hals des Squier dann doch ein kleines Problem, was mich zunehmend gestört hat: Das Halsprofil war mir einfach zu dünn. Das ist Meckern auf hohem Niveau, also nicht falsch verstehen, aber ich mag es lieber, wenn der Hals etwas Fleisch am Knochen hat. Und dann fiel mir zufällig und günstig ein Player Neck in die Hände. Das war dann aber der Startpunkt für ein Fender Jazz Bass Partsbuild Projekt. Die Idee: Ein moderner Jazz Bass mit Sixties Sound aus Fender Originalteilen.
Die Teileliste für den Umbau
- Fender Player Serie Neck, Modern C, Satin Finish, Ahorn mit Pau Ferro Griffbrett
- Fender Highway One-B Bass Tuners (4L)
- Fender Original Vintage Bridge
- Fender ˋ62 Vintage Pickups (Original Jazz Bass)
- Richter JB-VVT Controlplate
- Fender Corona Neckplate
- Fender Perloid Aged Whitepearl Pickguard (gibt es nur via Service als Ersatzteilbestellung) – das ist nicht das Whitepearl, was man in den einschlägigen Shops kaufen kann. Der Farbton des Perloid Aged geht wie bei der originalen Stratocaster in Richtung Pergament.
- Da bei allen Fender Parts auch die benötigten Schrauben beiliegen, sind natürlich auch nur die zum Einsatz gekommen. An der Stelle sei erwähnt: Wenn man die Schrauben der Fender Parts mit den Squier-Werks-Schrauben vergleicht, dann liegen da ganze Welten in Qualität und Oberflächenfinish dazwischen – irgendwie auch logisch, denn irgendwo muss der Preisunterschied zwischen Squier und Fender ja herkommen.
So gesehen ist also nur noch der Body vom Spenderinstrument übrig geblieben und wer jetzt zu recht fragt, wo da der Sinn ist, denn wenn man die Kosten der Teile zusammenrechnet, wäre ein fertiger Fender Jazz Bass aus der Player Serie billiger gewesen: 1. Es ist der Spaß am Schrauben. Ich habe den Squier gebraucht für wenig Geld bekommen und auch wenn er für sich genommen ein sehr anständiger Bass ist, so traf er doch nicht so ganz meinen Geschmack. 2. Ich habe sehr konkrete Vorstellungen, was ein Bass können muss, damit der für’s Studio und Producing optimal taugt. Außerdem ist es machmal doch besser, selber Hand anzulegen. Das fängt schon damit an, dass ich überwiegend Light Gauge Saiten spiele und die Sattelkerben meist für 45-105 gefeilt sind und somit nicht optimal für 40-95 passen.
Der unverstärkte Sound
Der Fender Jazz Bass Player Neck erzeugt einen richtig runden Jazz Bass Sound. Die Höhen sind weniger ausgeprägt als beim Squier Hals, dafür kommt viel mehr Low-End und Mid-Range Punch. Das hat für mich Vor- und Nachteile, aber in Summe ist der Sound deutlich fetter, als beim Spenderinstrument.
Der Fender Hals ist dicker und schwerer als der des Squier und damit besser bespielbar und dank des Satin Finish sehr angenehm in der Hand. Die Einstellbarkeit ist traumhaft und ich hatte noch nie einen Hals mit einem so geschmeidig einstellbaren Trussrod. Der Einbau funktionierte ohne jegliche Nacharbeit. Auch die Bünde sind perfekt abgerichtet.
Der spielfertige Bass wiegt nun 3820 Gramm und ist damit genau 120 Gramm schwerer als der Spenderbass.
Der verstärkte Sound
Die Fender 62 Vintage Pickups sind eine ganz andere Liga, als die des CV 70s. Mehr Brillanz, mehr Punch, mehr Bass. Der Output ist zwar niedriger, aber der Sound ist dafür um Welten besser. Allerdings ist der Output auch nicht so niedrig, wie ich erwartet hatte. Insgesamt sind die 62er Pickups noch einen Hauch lauter, als die Revoiced 70’s in meinem Vintera. Zusammen mit dem Hals erkennt man den Classic Vibe Jazz Bass nicht mehr wieder. Er klingt wie jeder gute und originale Fender Jazz Bass aus den Sixties. Es zeigt einmal mehr, dass der Sound maßgeblich vom Hals, Griffbrett und den Pickups kommt. Body und Bridge sind da eher weniger dran beteiligt. Natürlich unter der Voraussetzung, dass qualitativ vernünftige Holzstücke verwendet wurden, egal von welchem Baum sie gesägt sind. Die 62er Pickups zu verbauen ist wirklich spaßig: Mit Wachs wurde absolut nicht gespart. Bis zum Ende der stoffummantelten Kabel zog sich das Wachs, was sich auch soweit in der Schachtel verteilt hatte, dass jedes Teil mit Wachs befleckt war. Die Wicklung der Pickups ist extrem makellos. Damit alles authentisch wird, habe ich die Erdung aus dem Squierbody entfernt und durch die Messingplatten ersetzt, die bei den Pickups beigelegt sind. Leider sind die Kabel an den Messingplatten recht kurz, so dass es etwas fummelig war, die Kabelenden in die Schraubleiste der Richter JB-VVT Controlplate zu bekommen.
Producing
Ein Bass muss möglichst vielseitig sein und sich in Low-End und Harmonie optimal in den Mix einpassen. Die Qualitäten eines 60’s Jazz oder Precision sind hinlänglich bekannt. Das folgende Beispiel ist der ’62er Player Partsbuild ohne jeden Input/Track EQ, direkt via TC Helicon Go Twin in Logic Pro auf dem Mac (mit Mastering EQ) :
Havanna Bee (C)2023 – Matz Binder
Das ist genau das, was ein guter Bass können muss. Die Möglichkeiten sind von diesem Startpunkt aus nahezu unendlich groß. Diese runde und warme Sound ist nur der ’62 Player mit 100% Neck, 40% Bridge und 40% Tone. Für so ein Ergebnis lohnt es sich immer, einen Bass aus Wunschteilen aufzubauen.
Sound Samples
Die folgenden Beispiele haben diese Signalkette: 62 Player Jazz Bass in Zoom B2 Four, leerer Speicherplatz ohne Effekt, alle Master EQ Regler auf 0, d.h. reiner Sound des Jazz Bass. Von da aus via DI Out in den Tascam Portacapture X8, ohne EQ. Beim Reverb-Sample ist nur der entsprechende Effekt aktiv. Sonst keinerlei EQ – nur der reine Sound der 62 Pickups und des Instruments.
Die Brücke
Die leicht krumme Bridge des Spenderbodys erlaubte keine gute Saitenführung über die Pickups. Daher gab es kein langes Fackeln. Ich bin absolut kein Fan von diesem Himass-Voodoo. Nicht nur, dass diese Brücken einfach nur hässlich aussehen, erzeugen sie in meinen Ohren keinen guten Sound. Diese Brocken verschieben den Sound hin zu viel Sustain und wenig Attack. Daher ist für mich die logische Wahl auf die Fender Original Vintage Bridge gefallen. Klassischer Look und Sound wie es sein soll.
Richter JB-VVT Controlplate
Die Richter Controlplate ist in Preis-/Leistung nicht zu schlagen und Made-In-Germany. Die Potis laufen sämig geschmeidigt und haben einen exzellenten Regelbereich. Dazu kommt die lötfreie Installation und vor allem die perfeke Abschirmung. Kein Brummen – nur purer Sound.
Pickguard
Es war nicht ganz leicht, dieses Pickguard aufzutreiben. Es hat diesen klassischen Pergament-Farbton und passt für Made-In-Mexico Jazz Bässe. Hier half nur ein engagierter Fachhändler, der das Teil als Ersatzteil bestellen konnte. Der Farbton Whitepearl, was sich leicht beschaffen lässt, war mir persönlich etwas zu weiß. Ein schnelles Foto davon hinzubekommen ist nicht leicht, weil der Automatische Weißabgleich der Kamera – in diesem Fall das iPhone – krachend daran scheitert, die richtige Farbbalance im Bild zu erkennen. Eine App mit manuellem Weißabgleich brachte hier das korrekte Ergebnis.
Hardware
Die Highway One-B Tuner laufen schön geschmeidig, haben aber noch einen Hauch Spiel. Nicht viel, aber nicht 100% perfekt. Dennoch: Die Stimmung wird exzellent gehalten und das Tuning ist sehr feinfühlig. Das Oberflächenfinish der Tuner ist makellos.
Fazit – Macht so ein Umbau sinn?
Die Bespielbarkeit und der ausgeprägte 60‘s Sound waren den Umbau und die Kosten absolut wert und das Instrument gibt es so nicht von der Stange. Zusammengerechnet, hätte ich einen neuen Jazz Bass aus der Player Serie kaufen können, aber der hätte weder die ’62 Fender Original Pickups, noch die geschirmte Richter JB-VVT Controlplate. Ebensowenig wäre der Sattel akribisch genau auf meinen Satz 40-100 Slinkies gefeilt. Es ist natürlich schon irgendwie schade, den Squier Classic Vibe 70s Jazz Bass geopfert zu haben. Aber das Spielgefühl und vor allem der Sound des Partsbuild, geben dem Opfer einen perfekten Sinn.
Mein 62er Player ist mein erster Jazz Bass mit der Richter JB-VVT Controlplate und die extrem gute Abschirmung, die tolle Klangregelung und das perfekte Qualität des Finish sind absolut überzeugend.
Joost 1. März 2024
Hi Matz,
sehr geiler Build. Optisch genau meins! Beim Sound ist das erste Beispiel schon mächtig anders, als der Rest. Das soll alles ohne EQ sein?
Lg, Joost
Matz 1. März 2024 — Autor der Seiten
Hallo Joost,
Das Producing-Beispiel hat keinen Input EQ, aber natürlich einen Post EQ für die Mix-Kanäle. Der Vorteil ist, dass Du am Track des Bass selbst keinen EQ brauchst. Der mächtige Sound kommt ganz von alleine durch den Post EQ. Die anderen Beispiele sind direkt in den Audiorecorder ohne jeglichen EQ. Der Sound ist dabei ziemlich genau so wie unverstärkt.
Gruss, Matz
Micha 5. März 2024
👍