Die meisten Multieffekt Prozessoren und Modeler sind für Gitarren konzipiert und lassen sich durchaus für Gitarre und Bass verwenden. Der Zoom B6 ist ein dedizierter Bass All-In-One-Modeler mit jeder Menge Anschlüssen. Für seinen Preis ist er mit dem was er leistet, ziemlich alleine auf dem Markt. Und am Ende gibt es noch ein Beispiel dafür, warum der Zoom B6 viel besser ist, als seine (alten) Zoom Geschwister.
Ja, ein HX Stomp wäre nicht viel teurer, aber das Gerät hat kaum taugliche Anschlüsse und Signalwege, d.h. hier muss man mit mind. einer zusätzlichen DI-Box arbeiten. Wieviel Sounddesign man als Bassist braucht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich brauche nur wenig davon, weil mir der Sound des Jazz Bass als Fundament schon ausreicht. Anders gesagt: Ich habe wenig davon, wenn ein Gerät Hunderte Gitarrenpresets hat und viele esoterische Sounds produzieren kann. Der Zoom B6 scheint also die perfekte Lösung zu sein, oder?
Connection
Der Blick auf die Rückseite sagt eigentlich schon alles: DI-Out, Stereo-Line-Out, 2x Input, Send/Return, Aux, USB, SD-Karte, BT-Adapter. Da ist wirklich alles dabei, was ich brauche. Es wäre allerdings praktisch gewesen, wenn es einen zweiten XLR für Stereo gegeben hätte. Für den Live Einsatz kann ich damit aber gut leben. Fürs Recording ist für die Stereo-Effekte dann eben der Weg über den Line-Ausgang, oder USB zu nehmen.
Send/Return
Der Zoom B6 erlaubt es, vollkommen frei und beliebig FxLoop/Send/Return im Signalweg zu platzieren. Das ist ein sehr wichtiges Feature, denn wenn man z.Bsp. beim Gig per DI-Out in die PA geht, aber den eigenen Amp als Monitor braucht, macht es keinen Sinn, das DI-Signal an den Amp zu schicken. Das geht höchstens, wenn Du keine Ampsimulation mit Cabsim und IR benutzt. Aber der Witz bei solchen Geräten ist ja, dass man ohne Amp unterwegs ist – zumindest auf dem Weg zur PA. Beim Zoom B6 kann ich an einer beliebigen Stelle im Signalweg einen Send einfügen. Bei mir nach Compressor, Chorus, EQ und vor Amp, Cab oder IR. Dadurch kann ich das Signal mit Compressor, Chorus und EQ an den Amp schicken und volle Breitseite mit Amp, Cab oder IR an die PA gehen. Ich bin also maximal flexibel, welches Signal wohin gehen soll.
Pegel
Im Zoom B6 kann man jeden Input und Output Pegel einzeln regeln. Sogar digital im Audio Interface oder durch einen Masterregler an der Geräterückseite. Du bist also ohne Stress mit jedem anderen Gerät perfekt ausgepegelt. Und wenn Dich der Typ am Mischpult nervt, drehst Du flink am eigenen Regler – und das geht auch per Handy App.
Amp, Cab und IR
Genau deswegen, sind Geräte wie der Zoom B6 so attraktiv. Als Bassist, kannst Du aus den ganzen legendären Verstärkern und Boxen auswählen und über die 36 schon mitgelieferten Impulsantworten die Abnahme via Mikrofon simulieren. Ich hatte selber früher mal einen Fender Bassman 135 Amp mit 4×10 und 1×15 Cabinet. Das war ein echt feister Turm mit einem Mörder-Sound. Der Zoom B6 kann den Sound recht ordentlich simulieren und mit Cabsim und IR klingt das verdammt gut. Aber ein echter Fender Bassman mit echten Boxen ist das für mich nicht. Allerdings ist das keine wirkliche Kritik, denn der Sound der Amps, Cabs und IR ist richtig gut, auch wenn den Originalen vielleicht nur ähnlich ist. Und ehrlich gesagt: Ich würde den Originalen Sound des Bassman nicht mehr wollen, weil da viel zu viel Brummen, Rauschen und Mumpf dabei war. Entscheidend ist ja, dass Du einen Sound bekommst, der Dir gefällt und da habe ich absolut nichts zu meckern. Im Gegenteil: Der Monoton Amp zusammen mit einem 1073 Preamp und dem 160 Comp klingt amtlich fett. Als wären die 1970er zurück 😉 Oder auch der Ampeg SVT mit 8×10 Cab und Room-IR klingt so als ob das fette Teil neben einem steht.
Impulse Responses
Die Raumakustik einer Kombination aus Lautsprecher und Mikrofon simulieren zu können, ist leider ziemlich geil. Im Zoom B6 sind bereits 36 IRs integriert und man kann via SD Karte oder Guitar Lab auf dem Mac eigene oder 3. Anbieter IRs laden. Dabei gehen WAV Dateien mit 44,1 bis 192 KHz. Das Feature macht Laune. Ich habe einen TC BQ500 Amp Head an 2x TC BC208 Boxen. Das ist jetzt nichts weltbewegendes, außer dass es ziemlich gut klingt und sehr transportabel ist. Zusammen mit meinem Jazz Bass klingt das eigentlich sehr schön. Was also tun, wenn man das genau so immer dabei haben will? Im Logic Pro Space Designer, kann man eigene IR’s erstellen. Also schnell 2 Mikros 20 cm vor die beiden Treiber und den Impuls aufzeichnen. Am Ende noch als WAV Datei speichern und schon klingt das in Kombination mit dem TE400 Amp im Zoom B6 wie mein Zeug! Ehrlich gesagt sind die fertigen IRs aber irgendwie besser.
Amp oder nicht Amp?
Man muss sich wirklich genau überlegen, ob man mit Amps, Cabs und IRs arbeiten muss. Aus meiner Sicht sollte man die nur verwenden, wenn das Signal komplett in die PA oder den Mischer im Studio geht. Für alles, wo ein Bass Amp mit Bass Box dranhängt, wird der Gesamtsound eher schlecht. Ich verwende daher im Proberaum oder bei kleinen Gigs ohne Monitoring keine Amps und vor allem keine IRs. Am Ende muss man wohl experimentieren, was einem so gefällt. Man kann ja bei jedem Amp Wet & Dry mixen. Was Zum Beispiel ganz nett klingt, ist der AG750 mit Deep OFF und 30% Wet im Signalweg. Das gibt einen fetten Bass, der gut über den eignen Amp geht. Weniger ist da manchmal mehr. Was beim Zoom B6 eher nicht geht, ist einen der Presets an einen Bassamp schicken. Im Handbuch wird auch schon davon abgeraten, aber wer ließt das schon?
Effekte
Davon hat der Zoom B6 mehr als genug. 6 Effekte lassen sich in einem Patch zusammen legen. Trotzdem lassen sich nicht alle Effekte beliebig in Menge kombinieren. Für mich ist das keine Einschränkung, weil ich ganz sicher keinen Octa-Fuzz-Synth-DynaComp-1073Preamp-EQ-Wah-Drive brauche. Ich habe im Zoom B6 eine “Matz” Bank mit 4 Patches angelegt, in denen meine Grundsounds “Master”, “1975”, “OctPhase”, “SVT IR” nebeneinander liegen. Die Namen sagen eigentlich schon alles. Im Master Patch liegen nur ein Compressor, Chorus, Platereverb, Send, TE400. Sonst nichts. Das mein Jazz Bass Grundsound. Ein DI Model kommt nicht zum Einsatz. Der Haupt EQ auf +10 Bass, +0 Mid, +5 High und Volume 100. Das Pachvolume ist +90. Der Zoom B6 ist ziemlich laut.
Tip zu den Effekten: Da die Prozessorlast in Prozent immer neben der Auswahlliste der Effekte angezeigt wird, lohnt es sich gleichartige Effekte miteinander zu vergleichen. Manche Compressoren ziehen über 30% Last, andere nur gerade mal 7%. Gleiches gilt auch für die Übrigen Effekte. Wenn also eine Signalchain nicht so geht, wie sie soll, dann lohnt es sich Effekte zu tauschen.
Soundqualität
Ich hatte über die Jahre viele analoge Bodentreter und Multieffekte. Am Anfang waren die Zoom Effekte nicht immer wirklich gut. Manche haben schon damals gut funktioniert, andere nicht. Inzwischen aber haben Geräte wie der Zoom B2 Four und Zoom B6 ein Niveau erreicht, was wohl keine echten Wünsche mehr offen lässt. Ich muss aber trotzdem sagen, dass der Zoom B6 im Sound deutlich besser ist, als der B2 Four. Der Zoom B6 erzeugt mehr Dynamik. Das sieht man auch im EQ in Logic Pro. Es kommt einfach mehr an Frequenzspektrum an, also mehr im Tiefbassbereich und mehr in den Höhen. Der Sound geht hörbar in den HiFi Bereich und man muss den Stereochorus in Kombination mit dem Platereverb mal selbst gehört haben. Das ist ziemlich großes Kino.
Bedienung
Was kann man mit einem Touchscreen schon falsch machen, oder? Im Ernst: Der Zoom B6 lässt sich wirklich extrem einfach und intuitiv bedienen. Das Handbuch habe ich zum Einstieg kaum gebraucht Das Verstellen der virtuellen Regler mit Wischgesten gelingt mir allerdings nicht wirklich gut. Manchmal geht’s top, manchmal gar nicht. Ist ja nicht untypisch für diese Displays. Glücklicherweise befinden 4 Drehregler unter dem Display, mit denen man richtig gut die Parameter von Effekten verstellen kann. Was etwas verwirrend ist, ist das immer alle Optionen im Menü eingeblendet sind, auch wenn sie im aktuellen Kontext keine Funktion haben. Am Anfang war ich da schon irritiert. Weiterhin, kann man den Zoom B6 über die Guitar Lab App entweder vom Mac oder dem iPhone/iPad aus bedienen. Finde ich extrem praktisch. Doof finde ich, dass man für die App diesen extra Bluetooth Adapter oder ein Camera Connection Kit braucht. Wäre schön gewesen, wenn die Bluetooth Schnittstelle schon eingebaut gewesen wäre.
Interface
Der Zoom B6 kann via USB als Interface mit 2×2 Kanälen (In/Out) am Rechner verwendet werden. Das funktioniert wirklich prima. Was dabei etwas unelegant ist, ist die Tatsache, dass das Interface nur 44,1 oder 88,2 KHz kann. In dem Moment, wo man im Audio-Midi-Setup des Mac eine Gruppe erstellt, müssen ja alle Inputs die gleiche Sampling Frequenz haben und so gehen leider nicht alle Kombinationen. Zum Bespiel hat ein Quad Cortex eine feste Frequenz von 48 KHz. Die 48 KHz sind ja mittlerweile sehr weit verbreitet und es wäre für den Zoom B6 besser gewesen, wenn er die 48 KHz im Interface unterstützt. Wir haben mittlerweile in der Band ein E-Drumset. Das eröffnet völlig neue Möglichkeiten im Recording. Wir können nämlich mittlerweile alle von unseren Geräten aus direkt in den Mac recorden und 48 KHz wäre sonst der kleineste gemeinsame Nenner. Wie auch immer: Zur Not gehe ich vom Zoom B6 über den Stereo Out in mein TC Helicon Twin und recorde mit 48 KHz. Soundmässig ist das genau so gut.
Haltbarkeit
Das obere Plastikgehäuse ist vielleicht nicht der Inbegriff von Haltbarkeit und auf der Bühne oder im Proberaum kann ja jeder noch so blöde Mist einfach passieren; trotzdem macht mir der Zoom B6 einen guten Eindruck. Das Chassis ist aus Metall; so schlimm wird’s wohl nicht werden. Man lernt ja langsam dazu. Dazu gehört, während des Gig keinen Bölkstoff zu konsumieren und keine offenen Flaschen in Reichweite des Equipment abzustellen. Außerdem mache ich Jazz und Pop. Da gibt es weder Bierduschen noch Exzesse. Daher wird der Zoom B6 bei mir sicher ein langes Leben haben. Ansonsten würde ich dem Teil aber nicht zutrauen, einen ganz harten Einsatz zu überstehen.
B3, B3n, B2 Four? Vergiss es!
Habt Ihr schonmal einen Shimmer Reverb gebaut? Falls nicht: Man braucht eine Signalkette aus Reverb -> Pitch-Shifter -> Chorus -> Reverb. Am besten am Anfang ein Springreverb mit viel Decay. Dann einen Pitchshifter (der Zoom B6 Bass Polyshifter ist perfekt dafür) mit +12 oder +24, Wet 50, Dry 70. Für Bass ist +12 besser. Nun einen Chorus mit viel Depth und zum Schluss ein Platereverb mit viel Decay und medium Predelay. An dieser Signalkette scheitert der B3 schonmal komplett. Man kann den Chorus weglassen, aber auch dann klingt der B3 einfach nur schei$$e. Der B2 oder auch der MS 60B können die Kette zwar definieren, aber in tiefen Registern ist der Effekt weder vom Sound noch vom Tracking irgendwie zu gebrauchen. B2 Four und MS 60B eiern unerträglich herum, wenn man ein tiefes F ausklingen lässt. Außerdem sind die alten Zooms im Sound dumpf und ohne Höhen. Der B6 hingegen trackt alles mit. Jede Note von ganz tief bis ganz hoch und erzeugt dabei einen auf wunsch höhenreichen, differenzierten Sound, den man jederzeit im Studio verwenden kann. Traumhaft, was mit dem B6 geht. Wenn Du das einmal gehört hast, sind B3 und Konsorten keine Option mehr.
Fazit
Was braucht der Bassist und was nicht? Für mich ist der Zoom B6 das optimale Gerät. Der Sound ist top, es sind alle Connections da, die ich brauche und dank Send/Return, bin ich bei jedem Stage-Setup flexibel dabei. Man muss sich aber auch mit dem Gerät auseinandersetzen wollen (!), um einen exzellenten Sound zu bekommen. Nicht alles ist in der Anleitung erschöpfend beschreiben, ober man überliest ja auch mal schnell Dinge. Das beim Einfügen eines Send dessen Wet/Dry Pegel auf 0 steht, ist schon etwas fies, weil man vielleicht nicht sofort begreift, dass man den Pegel aufreissen muss, damit der Send funktioniert. Was sich definitiv auch lohnt ist der BTA-1 Bluetooth Adapter. Das macht das Editieren mit der Guitar Lab App for B6 ziemlich stressfrei.
Ein besonders Lob gibt es für die Presets, die beim Zoom B6 zu großen Teilen tatsächlich Out-Of-The-Box zu gebrauchen sind.
- (C)2024 Matz ↩︎
Sound Samples komplett mit Amp, Cabsim und IR auf den Werkseinstellungen. DI Model Tube 1. Aufnahme via XLR direkt in den Tascam X8. Es ist die jeweils größte Box zusammen mit dem passenden Room IR, um die Aufnahme mit Mikros mit größerem Abstand zur Box zu simulieren.
Bemoth 19. Juni 2024
Top Review!
Danke + Grüsse
Bemoth