Das hier wird nicht das typische Review Bla Bla, denn der Headrush Core ist endlich mal ein Modeler wie ich ihn mir im Hier und Heute vorstelle. Kein winziges 90 Jahre Display, keine verschachtelte Software sondern nur geiles und performantes Zeug. Ich habe mir die Entwicklung von Headrush lange von der Seitenlinie aus angeguckt und eigentlich viel zu lange an der ZOOM Welt festgehalten. Ok, bei ZOOM gibt’s Multieffekte speziell für Bassisten, was mir mit meinen geringen Bassistenansprüchen immer irgendwie entgegenkam. Für’s Studio habe ich eigentlich schon recht früh auf Interfaces mit guten Amp Plugins gesetzt. Ich habe auch viel mit dem Line6 Helix rumprobiert und soundmässig ist das Helix System über jeden Zweifel erhaben. Aber entweder bekommst Du bei Line6 ein super monströses Floorboard, oder ein süßes Mäusekino, was mir einfach zu klein ist. Die ZOOM Dinger waren immer ein brauchbarer Kompromiss aus Preis und Livesound, die aber im Studio keine Lösung sind.
Core
Als der Headrush Prime vorgestellt wurde, war ich sofort von der Oberfläche, Bedienbarkeit und Design begeistert, aber das Teil ist ja noch größer als ein Helix Floor! Tja und dann kam der Headrush Core. Ich brauche sowieso kein Expression Pedal und wenige Fußschalter reichen mir auch. Das müssen die Headrush People wohl verstanden haben und mit dem Core ein Gerät mit geballter Power, geiler Software, Riesenbildschirm und das mit den gleichen Abmessungen, wie ein ZOOM B6 auf den Markt gebracht.
Dry Test
Jetzt wollte ich natürlich irgendwie mal hören, wie so ein Headrush Core klingt. Schwierig, wenn man keinen passenden Laden in der Nähe hat. Aber: Die ReValver Software, die ja auch in Teilen auf dem Core läuft, gibt es als kostenfreie Demo mit einigen Amps/Cabs und Effekten zum Download. Das erinnerte mich irgendwie an Helix Native und zack, war die Software auf meinem Mac. Die „Free“ Version ist zeitlich unbegrenzt, erzeugt aber alle paar Sekunden ein Störgeräusch. Auf diese Weise aber, kann man erstmal ausgiebig testen.
Entscheidung
Ich habe ein Lieblings Amp Plugin: Ampeg Suite. Da gibt es einen SVT 300 Heritage als Modell. Klingt in der DAW mördergeil. Da das Amp Cloning ja so ein Keyfeature bei Headrush ist, habe ich mit der freien Version einen Clone meines SVT Plugins erstellt. Ich musste bei ersten Versuch schon extrem genau hinhören. Cleane Bass Amps clont die Software erschreckend echt. Nach mehreren Versuchen und Finetunings hatte ich dann ein SVT Clone, den ich nicht mehr vom „Original“ unterscheiden konnte. Leider konnte ich mangels Lizenz oder Hardware den guten Stoff nicht speichern, aber das Gehörte, Gelesene und die paar YT Videos, die ich angesehen hatte, haben gereicht um einen Headrush Core zu bestellen.
Hard Core
Das Ding zu ersten mal in den Händen zu halten war schon geil. Heavy Metal vom Feinsten. Trotz der kompakten Größe ist der Headrush Core richtig schwer. Wenn Du mal mit einem LKW eine Bordsteinkante nicht hochkommst, dann kannst Du den Core als Keil unterlegen. So massiv wirkt die Verarbeitung.
Erster Start: Das Headrush Logo mit der Softwareversionsnummer begrüßt Dich. Bei mir 3.1.1. Das Booten dauert ca. 20 Sekunden und dann ist das erste Rig Preset aktiv. Obwohl das fett verzerrte Preset für Gitarre gedacht ist, klingt der Bass damit grandios. Der Quickstartguide liegt immer noch verpackt im Karton, ein Handbuch gibt es nur als PDF. Gut so, denn sowas mag ich eh nicht lesen müssen. Ohne jede Anleitung verbinde ich den Headrush Core mit meinem WLAN und lasse die Software Over The Air aktualisieren. Reboot und Software 4.0.0 ist installiert.
Am iPhone gehe ich im Browser auf headrushcore.local und instant kann ich den Core vollständig auf dem iPhone bedienen. Ist das geil. Keine blöde extra App oder Desktop Software. So macht man das in 2025. Die ersten 3 Rigs: Pure Precision, SVT Cobalt und Shorties sind in wenigen Minuten fertig und klingen schonmal mehr als ordentlich. Das Finetuning im Proberaum mit der Band hat dann Feinheiten perfektioniert. Was für ein geiler Sound!
Wow
Es ist einfach so geil den Headrush Core zu bedienen. Das Multitouchdisplay reagiert genauso exakt, wie ein iPad und die Software ist rattenschnell. Egal, wo man hintippt, die Funktion ist sofort da. Aber genug davon. Der Headrush Core ist für mich aktuell der Modeler mit dem besten Preis-/Leistungsverhältnis und darüber hinaus mit der besten Bedienbarkeit und Benutzeroberfläche überhaupt.
Ab hier gilt wie immer: Gute Kopfhörer/Monitore sind Pflicht 😉
Sound Part 1
Was den Sound angeht, weiß ich gar nicht so genau wie ich das in vernünftige Worte fassen soll. Ich sag’s mal so: Ich hatte eine gefühlte Ewigkeit einen Fender Bassman mit 1×15 und 4×10 Cabs. Ich weiß also sehr genau, wie sich ein Bassman anhört und anfühlt. Ich habe nun schon viele Modelle des Bassman benutzt und gehört. Bei allen diesen Modellen erkennt man den Bassman zwar wieder, aber das Original ist das nicht. Beim Helix finde ich die Bass Amp Modelle schon sehr gut gelungen, aber beim Headrush muss ich mir wirklich schon einbilden, einen Unterschied zu hören. Auch beim langen Ausschwingen, wo die meisten Modeler entweder Artefakte erzeugen oder wegblenden, schwingt beim Headrush Core noch richtig was mit. Besonders in hohen Frequenzbereichen, wie man es bei neuen Saiten hat, kommt beim Headrush richtig Biss und Vibe rüber.
Sound Part 2
Um den optimalen Sound zu bekommen muss man sich aber schon in der Tiefe mit dem Headrush Core beschäftigen. Nicht jede Kombination aus Compressor, EQ, Amp und Cab/IR ergibt ideale Ergebnisse. Das ist natürlich sehr individuell. Für mich ist ein Sound wichtig, der im Grundsatz einen warmen, aber modernen und druckvollen Bass ergibt. Meine Basis ist daher die folgende: DynIII Comp als Compressor (-22.5 dB, 4:1, 15 dB Knee) -> Auto Q 8 Band EQ als EQ mit dem Preset „Modern Bass“ -> 69 Blue Line Bass (Ampeg SVT 300). Ein Cab oder IR kommt dabei nicht zum Einsatz. Dazu gibt es schaltbar einen Chorus und Reverb. Ein echte Offenbarung für Bass ist der Headrush Ambi Verb. Das ganze erinnert stark an einen Shimmer Reverb, nur dass er eben für Bass perfekt funktioniert und noch mehr Pad Vibe hinterlässt. Der eigentliche Shimmer Reverb, den es im Headrush Core auch gibt, finde ich irgendwie komisch. Man muss viel tweaken an dem Ding und er klingt dann immer noch irgendwie harsch.
Sound Part 3
Ich könnte mich jetzt noch stundenlang über den geilen Sound auslassen. Der Headrush Core ist da ganz vorne mit dabei. Nicht jeder Effekt funktioniert mit Bass optimal. Dazu gehören leider auch die 3 Synth Effekte. Im tiefen Register am Bass versagen die Drei leider. Im höheren Register hingegen, sind die Synth Effekte traumhaft. Wobei man natürlich sagen muss, dass das Oktav-Effekte sind und am Bass wenig Sinn machen. Eine Bassvariante davon wäre nicht schlecht, was ich aber ehrlich gesagt überhaupt nicht brauche.
Im Headrush Core gibt es einen Parametrischen EQ, der auf den Gesamtausgang und auch auf jeden (!) Block einzeln angewendet werden kann. Dieser EQ lässt sich tatsächlich grafisch einstellen. Mit chirurgischer Präzision, kann man Frequenzen ein oder ausblenden und so z.Bsp. einen Shortscale Bass an beliebiger Stelle der Signalkette und unabhängig von einem EQ Block den Quak-Sound austreiben. Dinge, mit denen sich der Soundengineer rumquälen muss, kannst Du also vorher schon ganz subtil abstellen und trotzdem einen runden und neutralen Basssound ins Mischpult befördern.
Wenn man die Effekte und EQs weise ausgewählt hat, entsteht eine komplett Noise freie Signalkette, ohne, dass man ein Noise Gate bräuchte. Es gibt – wie bei allen Modelern – natürlich auch Blöcke, die ein Rauschen erzeugen. Für Live alles kein Problem, aber fürs Studio muss man schon sauber arbeiten. Fürs Studio gilt aber sowieso: Weniger ist mehr.
Eigenheiten
Es gibt aber auch ein paar Eigenheiten, die hoffentlich noch per Update abgestellt werden. Verwendet man ein Instrument mit mangelnder Abschirmung und lässt es einfach ungespielt stehen, dann schaukelt sich der Noise regelrecht auf. Das ist vom Verhalten ähnlich, als wenn man beim Helix den Autopegel am Eingang aktiviert. Am Instrumenteneingang baut sich der Pegel auch wieder ab, wenn man sauber erdet, aber am Mikrofoneingang mit Phantompower bleibt der Noisepegel, bis man den Headrush Core neu startet. Nach jedem Neustart ist Phantompower wieder aus. Gottseidank. Bei einigen IRs kommt es außerdem zu einem Rauschen, wenn ein LOW Cut unter 40 Hz eingestellt ist. Für uns Bassisten kann das Bedeutsam ein. Der Workaround ist entweder das Anheben des LOW Cut auf über 60 Hz, oder absenken des IR Pegels und danach Anheben des Pegels mit irgendeinem EQ Block (den man dann natürlich flat belässt). Das ist jetzt aber Meckern auf einem extrem hohen Niveau.
Praxis
In der Bandpraxis macht der Headrush Core einen perfekten Job. Besonders durch den Auto Q 8 Band EQ und die übrigen parametrischen Equalizer. Dadurch lassen sich Bass und Kickdrum optimal aufeinander abstimmen. Hat die Kickdrum ihren prägnanten Ausschlag bei 125 Hz, kann ich mit Auto Q8 ein Scoop genau um die 125 Hz herumlegen, z.Bsp. mit einem Cut bei 125 Hz und Boosts jeweils bei 80 und 170 Hz. Eigentlich ist das ja nichts Besonderes, doch in der Qualität kenne ich nicht viele Modeler und mit einem populären ZOOM Gerät geht das gar nicht.
Amp Cloning am Mac/PC
Es ist schon verblüffend. Sind die Clone erst einmal gespeichert, kann man sie easy auf den Headrush Core kopieren. Die Qualität ist nach einigen Durchläufen mit entsprechendem Finetuning unglaublich gut. Als Bassist brauche ich allerdings nicht so wie brutale Auswahl an Amps und das, was bereits im Headrush Core ausgeliefert wird, reicht mir doch aus. Totzdem: Das Feature ist mächtig, besonders weil ein Clone nicht einfach nur ein Capture genau eines Settings ist, sondern man automatisch Bass, Middle, Treble dazu bekommt und bei Superclonen mehrere Clone zusammenfassen kann, die über einen Gainregler stufenlos ineinander geblendet werden. Du kannst also alle Eingangsvarianten und alle EQ Settings eines SVT 300 einzeln Clonen und dann in einer Reihenfolge von High zu Ultra Low zusammenfassen und hast den Monster SVT auf einem Amp in Headrush Core. In der Headrush Cloud findet Ihr meinen Superclone „BASS SVT300 Tubey To Edgy“.
Amp Cloning direkt im Headrush Core
Vorsicht: Obergeil und Suchtgefahr! Ich habe einen Vox Superbeetle Bass Amp. Das ist ein Hybridamp mit Röhrenvorstufe und Transistorendstufe. Das Teil klingt brutal gut. Rotzig und kernig, wie das Beste aus zwei Welten. Leider hat das Ding nur 50 Watt, kein Lineout und ist nichts für Live. Ich habe also ein Mikro vor das kleine 8“ Cabinet gestellt und den Ampcloner gestartet. Der Whitenoise und der Frequenz Test sind schon übel laut, aber nach ca. 2 Minuten kommt eine 1:1 Kopie aus den Kopfhörern. Das ist einfach sowas von Geil. Der Clone lässt sich natürlich in Gain, Bass, Middle, Treble, Presence regeln. Ich habe jetzt meinen Vox BS-50 immer dabei und kann ihn über die dickste PA ins Publikum blasen. Übrigens gibt es alle meine Rigs und Clone in der Headrush Cloud. Sucht einfach nach BASS 🤟
Weite Welt
Alles an Anschlüssen die man je brauchen könnte sind da. Langweilig dazu noch etwas zu schreiben. Dropbox, Cloud, Wifi, Bluetooth ist auch alles da. In der Kombination gibt es aktuell keinen Zweiten. Das ist der richtige Weg. Ich habe viele Jahre für einen Consumer Electronics Konzern als Entwickler gearbeitet und dort schaute man immer auf den größeren Wettbewerber und entwickelte Produkte, die der Konkurrenz nicht das Wasser reichen konnten, denn man scheute Entwicklungskosten und dachte, das der preisbewusste Kunde ein schlechtes Produkt zu schätzen wüsste. Großer Fehler. Headrush hat hier ein Produkt rausgehauen, was keine Kompromisse eingeht und besser ist, als der Wettbewerb. Zusammen mit der Software 4.0 ist Headrush aus meiner Sicht ganz elegant an Line6 vorbeigezogen.
Mein Fazit
Der Headrush Core macht für mich alles richtig und ist ebenso für mich der beste Bass Modeler, der aktuell auf dem Markt ist. Besonders in Relation zum Preis ist der Core unschlagbar. Der ZOOM B6 kann in keinem Punkt irgendwie auch nur im Ansatz mit dem Headrush mithalten, BOSS hat meiner Meinung nach mittlerweile die Neuzeit komplett verschlafen. Helix ist amtlich geil und klingt genauso gut, ist aber auch schon in die Jahre gekommen. Der Fender Tone Master Pro ist sehr geil, aber bringt nicht das, was ich an besonderen Sounds am Bass suche. Der Quad Cortex bleibt dann noch übrig, aber am Ende war eine Kleinigkeit entscheidend: Ein Shimmer Pad Sound, der für Bass funktioniert und das kann aktuell nur Headrush mit seinem Ambi Verb. Generell sind die Reverbs im Headrush unglaublich gut. Wenn Ihr also einen modernen Modeler für euren Bass sucht: Hier seid Ihr richtig.
CHX 11. Januar 2025
YMMD 🫶
Nach genau sonem Review hab ich gesucht. Danke dafür.
CHX