Ich mag den Höfner Shorty Bass CT wirklich sehr. Allerdings steckte viel Arbeit darin, das billige Instrument in etwas ordentlich Bespielbares zu verwandeln. Vor 3 Jahren stellte Höfner eine neue Variante des Shorty vor: Der Höfner Shorty Violin Bass. Nun bin kein so großer Beatles Fan, dass ich mir deswegen einen Beatles Bass kaufen würde, zumal mich das Original mit seinen 14mm Saitenabstand nicht so richtig reizt. Der Höfner Shorty Violin Bass hingegen ist nur eine optische Anlehnung an den Beatles Bass und daher voll und ganz ein Shorty mit 2 feinen Unterschieden zum CT: Das Pickup sitzt vorne am Hals und dank der Korpusform, rutscht der Shorty Violin nicht vom Knie.
Die Entscheidung
Ich habe lange überlegt, ob es einen Sinn machen könnte, neben meinem Höfner Shorty Bass CT noch einen Höfner Shorty Violin Bass anzuschaffen. Das liegt vor allem an der bescheidenen Qualität des Shorty CT. Nach viel Arbeit ist aus meinem Shorty CT ein gut zu bespielender Bass geworden, der allerdings einen sehr nasalen Shortscale Sound und ein grenzwertiges Handling aufweist. Aus meiner Erfahrung mit diversen Shortscale Bässen weiß ich, dass mit einem Halspickup ein deutlich weniger nasaler Sound möglich ist… und dann siegte die Neugier: Ich versuche es einfach.

Der Erstkontakt
Wie beim Shorty CT, wird auch der Höfner Shorty Violin Bass mit einem dünnen Gigbag geliefert. Dazu 2 Inbusschlüssel für das Setup und ein kleines Booklet. Anders als beim Shorty CT, liegen dem Shorty Violin noch diverse Kärtchen und Aufkleber einer Qualitätskontrolle bei. Preislich liegen Shorty CT und Shorty Violin ja gut 40 Euro auseinander (die der Shorty Violin teurer ist). Ist der Aufpreis vielleicht die Qualitätskontrolle? Jedenfalls ist das Instrument gut verpackt und sieht auf den ersten Blick wirklich extrem gut verarbeitet aus. Als erstes lege ich den Höfner Shorty Violin Bass übers Knie – und hurra! Er rutscht nicht vom Knie. Wenn man wie ich mit dem Shorty CT lang geübt hat, dieses wackelige Ding auf dem Knie zu balancieren, liegt der Shorty Violin wie ein Brett auf dem Oberschenkel. Und das auch in einer optimalen Position für Greif- und Spielhand. Als ran an die Saiten und… nach 3 Anschlägen hatte es mir dann schon gereicht. Das Instrument war zwar schon fast richtig gestimmt, aber der Sound und das Anfaßgefühl dieser Schrottsaiten hat mich sofort an das Erste Anspielen des Shorty CT erinnert. Nein Danke. Ich hatte aber neue Ernie Ball Hyper Slinkies (100-40) gleich mitbestellt.
Der Hals
Vor dem Saitenwechsel kam das obligatorische Entlangpeilen am Hals. Kerzengerade! Käme das Instrument fertig eingestellt vom Instrumentenbauer, wären meine Erwartungen freudig geweckt, aber nach meiner Erfahrung mit billigen Chinainstrumenten dachte ich schon, dass jetzt ein komplettes Setup und Nachbearbeiten kommen würde. Nach dem Saitenwechsel war der Hals immer noch absolut gerade. Keinerlei erkennbare Halskrümmung. Doch beim Anspielen um den 12. Bund gab es keinerlei Schnarren. Verblüffend. Saitenabstand am ersten Bund auf allen Saiten genau 0,9 mm. Am 12. Bund sind es wieder auf allen Saiten genau 2,0 mm. Bei einem kerzengeraden Hals kann das nur eines Bedeuten: Perfekt abgerichtete Bünde auf einem perfekt geraden Hals. Und das große Alu-Lineal bestätigt das: Die Bünde liegen alle perfekt auf einer Höhe. Das hätte ich nun wirklich nicht erwartet. Zum Einen sauber verarbeitet zum Anderen korrekt eingestellt. Aber es kommt noch besser. Die Intonation sitzt auf jedem Bund der gesamten Mensur auf den Cent genau. Und ich bin da als Jazz-Bassist sehr kritisch, was die Intonation angeht. Ich habe wirklich nicht viel erwartet, weil ich den Höfner Shorty Violin Bass als Spaßinstrument angeschafft habe, aber das hier ändert die Sachlage. Der Hals ist übrigens flacher und eher ein Modern C, als beim CT Bass.

Verarbeitung
Die Verarbeitung kann man rundherum als sehr gut beschreiben. Die Holzarbeiten sind alle sauber ausgeführt und das Sunburst Finish ist makellos. Die Hölzer am Hals hätten im Bezug auf die Maserung vielleicht etwas besser ausgesucht werden können, aber das wäre jetzt zu viel gemeckert. Vergessen wir nicht den Preis. Das Pickguard ist nicht sehr schön ausgesägt. Es wirkt fast, als wäre das per Hand gemacht worden. Dennoch sitzt jede Schraube fest und es gibt nirgends irgendwelche Rückstände von Klebstoffen, so wie es beim Shorty CT der fall war. Offenbar liegt also das Kärtchen der Qualitätskontrolle vollkommen zu recht im Karton des Höfner Shorty Violin Bass. Ich denke aber trotzdem hier wirklich Glück gehabt zu haben. Es war zwar bisher viel Lob, aber der Höfner Shorty Violin Bass ist natürlich nicht perfekt und auch weit davon entfernt. Dem geringen Preis sind schon einige Details zum Opfer gefallen und ordentlichere Schleifarbeiten an den Radien des Korpus hätten sicher nicht geschadet. Aber wir dürfen nach wie vor den Preis nicht vergessen.
Bespielbarkeit
Ein perfekt gebautes und eingestelltes Instrument, so wie es hier mit meinem Shorty Violin der Fall ist, bedeutet natürlich eine traumhafte Bespielbarkeit. Vollkommen mühelos laufen die Finger über alle Register. Auf dem Oberschenkel liegend ist es sehr entspannt. Am Gurt hängend ist der Shorty Violin natürlich etwas kopflastig, aber durch das geringe Gewicht reicht leichter Gegendruck mit der Spielhand aus, um das Instrument zu stabilisieren.
Elektronik
Je ein 250k Ohm Poti für Lautstärke und Ton regeln den Sound des Humbucker Pickups am Hals. Das Pickup hat höhenverstellbare Polepieces und ist komplett in Wachs getaucht. Während der Shorty CT auf alles verzichtet, was sich für ein Elektronikfach eigentlich gehört, hat der Shorty Violin eine Alubeschichtung unter dem Pickguard und eine sehr schön gelötete Elektronik mit kleinen Kabelbindern, damit die Drähte nicht lose in der Fräsung herumfliegen. Das Pickup sieht optisch richtig gut verarbeitet aus. Und was man da sehen kann, das hört man auch. Der Output des Pickups ist sehr hoch und liefert ohne viel Gain einen guten Pegel.
Sound
Der Plan ist aufgegangen. Ich wollte ja einen Shorty, der nicht diesen nasalen, harten Sound hat, sondern nach Bass klingt. Genau das liefert der Höfner Shorty Violin Bass. Schon mit einem simplen 3-Band EQ kann man sich den Sound so formen, wie man ihn braucht. Die Bässe sind mächtig, aber ohne dabei Höhen und Mitten zu opfern. Es ist einfach alles an Frequenzen da, was man braucht. Insgesamt ist der Sound warm und bassig. Im Jazz und Pop ist der Shorty Violin sofort zuhause. Eine Funk-Nummer würde ich damit nicht unbedingt spielen. Für’s Slappen/Poppen ist das Handling nicht optimal, geht aber gut. Wenn man sich einen Bass mit diesen Spezifikationen zulegt, sollte man schon eine Vorstellung haben, was für Musik man spielen möchte. Allerdings halte ich den Shorty Violin für universeller geeignet, als den Shorty CT.

Sattel
Der Sattel des Höfner Shorty Violin Bass zeigt keinerlei Spuren einer Bearbeitung. Offenbar sieht die Gußform des Plastiksattels schon eine korrekte Kerbung vor. Wenn dem so ist, hängt natürlich viel von der Maßhaltigkeit des Halses ab. Bei meinem Exemplar hier passt alles perfekt. Bei meinem Shorty CT hingegen musste ich den Sattel nachfeilen, weil der Saitenabstand am 1. Bund viel zu hoch war. Später brach dann der Sattel des CT an der E-Saite. Beim Austausch des CT-Sattels zeigte sich, dass der Sattel von innen hohl ist. Daraus habe ich für mich gelernt, nicht mehr an diesen Sätteln zu feilen. Hätte der Sattel des Shorty Violin Bass nicht gepasst, hätte ich ihn gleich getauscht. Ein 42er Sattel ist ja nicht schwer zu bekommen.
Steg
Den Steg fand ich schon beim CT richtig gut und auch beim Shorty Violin macht der ein gute Figur. Die Saiten werden sehr gut abgewinkelt, um möglichst wenig Saitenschwingung ungewollt abzubauen. Das resultiert in einem schönen langen Sustain. Korpus und Hals werden nur minimal zum Schwingen gebracht. So soll das bei einem E-Bass auch sein.
Mechaniken
Im Gegensatz zu den „echten“ Höfner-Mechaniken, sind diese hier gebogene Stanzteile. Das bedeutet natürlich, dass das Material nicht die Stärke und Festigkeit der „Originale“ hat. Bei meinem Shorty CT haben die Mechaniken aber bisher gut gehalten, wenngleich sie nicht alle gleich gut laufen. Die Stimmung halten sie aber sehr gut und lassen sich feinfühlig einstellen. Glücklicherweise kann man sich bei Bedarf mit den originalen Violin Bass Tunern versorgen. Die kosten zwar die Hälfte des ganzen Shorty Violin Bass, dürften aber eine stilechte Bereicherung sein.
Korpus
Dazu hätte ich gerne etwas fundiertes geschrieben, aber ich bin kein Holzexperte und kann wirklich nicht sagen, was das für ein Holz ist. Es ist ein sehr fein gemasertes, helles Holz mit einem leichten Rotstich (in der Halstasche als Referenz). Ich würde beim Preis auf Pappel tippen, allerdings ist die feine Maserung eher etwas, was ich bei Mahagoni wiedererkennen würde und wenn ich Farbe und Maserung in einen Topf werfe könnte das auch Linde sein. Leider schreibt Höfner nichts über das Holz und im Internet kursieren alle möglichen Varianten. Bei dem Preis würde ich aber nicht Mahagoni vermuten. Meine Theorie lautet: Linde. Wer genaueres weiß, schreibe gerne einen Kommentar. Das Gewicht ist schon ordentlich und der Shorty Violin ist 200 Gramm schwerer, als der Shorty CT. Die Korpusform ist viel angenehmer in Handling, als bei dem paddelförmigen CT.

Lemonoil und Leinölfirnis
Der Hals des Höfner Shorty Violin Bass ist ganz Natur und unbehandelt. Das kann man natürlich so lassen, allerdings sehen solche Hälse dann nach einiger Zeit munter aus und eine gewisse Resistenz gegen Flüssigkeiten und Schweiß hat noch keinem Hals geschadet. Ich habe daher nach dem Entfernen der Werksbesaitung ersteinmal den Hals behandelt. Als Erstes hat die Natur-Rückseite ein paar Lagen Leinölfirnis bekommen. Der Firnis wird dabei satt aufgetragen, zieht 30 bis 60 Minuten ein und wird dann grob abgewischt. Das ganze lässt man dann ca. 12 Stunden härten und poliert die Oberfläche am besten mit einer Poliermaschine. Den Vorgang wiederholt man, bis eine seidig glänzende Schicht entstanden ist. Zu viel Firnis kann man mit Orangenöl-Reiniger anlösen ab abwischen. Das Griffbrett habe ich in mehreren Durchgängen leicht mit Lemonoil behandelt. Auch wenn man vielleicht 3 Tage investieren muss, so hat man doch eine wundervolle Versiegelung auf dem Hals, die sich herausragend schön bespielen lässt.

Fazit und Vergleich zum CT
Alles richtig gemacht. Der Höfner Shorty Violin Bass ist aus meiner Sicht der bessere Shorty Bass. Vielleicht habe ich mit meinem Exemplar auch nur ein riesiges Glück gehabt, aber jedenfalls war die Entscheidung absolut richtig. Der Sound ist toll und die Qualität stimmt. Als Instrument im Allgemeinen und als Shorty Bass im Besonderen, ist der Höfner Shorty Violin Bass eine klare Empfehlung. Im Vergleich zum CT hat der Shorty Violin ganz klar die Nase vorn. Man merkt dann doch, dass die Beiden nicht gleich sind. Hals, Hals Profil, Maße und Verarbeitung sind anders. Wer vor der Wahl steht, ob Shorty CT oder Shorty Violin, dem sei der Shorty Violin empfohlen. Das Preis-/Leistungsverhältnis ist erheblich besser. Beim CT fühle ich mich leicht über den Tisch gezogen, weil die Qualität maximal einem 99 Euro Billigbass entspricht. Beim Shorty Violin Bass erscheint mir der Preis angemessen.
Pro
- Sound
- Größe
- Verarbeitung
- Intonation
- Preis
Cons
- keine