Kann man zu diesem Brocken einen Erfahrungsbericht schreiben? Der ZOOM H8 sieht wirklich schräg aus und hat seine guten und schlechten Seiten. Dank der EXH-8 Kapsel, lassen sich 10 XLR Eingänge gleichzeitig aufnehmen. Und das entweder mobil oder als Interface in die DAW. Ich versuche mal ein paar Erkenntnisse zusammen zu fassen.
Design?
Jedes mal, wenn ich den ZOOM H8 ansehe, frage ich mich, wer dieses Design zu verantworten hat. Nicht nur das es nicht wirklich schön ist, es ist unpraktisch. Die Kabel gehen spinnenartig auseinander. Jedes Recordingsetup wird zum kleinen Kabelchaos. Und dann sind auch noch benachbarte Tracks auf gegenüberliegenden Seiten. Wer denkt sich sowas bloß aus? Bei einer Bandprobe als Aufnahme direkt in den ZOOM H8 geht das ja noch, aber als Desktoplösung mit vielen Tracks gleichzeitig wird’s absurd. Die Idee dahinter kann ich allerdings verstehen, denn durch die abgewinkelten XLR Inputs, spart sich der H8 Höhe. Man bedenke, dass es immer noch ein Handheld Recorder sein soll.
Bedienung
Auch dafür bekommt der ZOOM H8 keinen Podiumsplatz. Die Mixcontrols auf dem kleinen Bildschirm lassen sich nur frickelig bewegen und wer es genau braucht, muss teilweise Geduld aufbringen. Ein Rotary Encoder wie beim TASCAM X8 wäre extrem hilfreich gewesen. Gibt es aber nicht. Der Bildschirm ist für das ohnehin schon fette Gerät nach meiner Meinung viel zu klein. Vor allem, weil es kaum Hardwareregeler und Tasten gibt. Es gibt aber auch Controls, die mit Pfeiltasten versehen sind und die eine präzise Einzelschrittverstellung ermöglichen. Die Bedienung ist schon OK.
Warum überhaupt ZOOM H8
Eines gleich vorweg: Der Tascam Portacapture X8 ist dem ZOOM H8 in eigentlich allem überlegen. Leider kann der „nur“ 6 gleichzeitige Eingänge aufnehmen und das ist je nach Bandbesetzung zu wenig. Bass und Gitarre Stereo, E-Drums Stereo, Vocals, Saxophone, Trompete = 2+2+2+1+1+1 = 9. Ja, beim Bass geht auch mono, aber ich verwende zunehmend Cabsimulationen als Stereodouble. Klingt einfach super geil räumlich und gibt Tiefe. Also doch Stereo 😉 Ich war also auf der Suche nach einem mobilen Recorder mit 48+ kHz Samplingfrequenz und mindestens 10 Kanälen, der sich auch als Interface benutzen lässt. Tja, das gibt es nur eine Option: Der ZOOM H8.
Blickwinkel
Man muss den ZOOM H8 aus dem richtigen Blickwinkel betrachten. Für einen Fieldrecorder ist er viel zu groß, aber für ein 10-Track-Recording-Studio mit Batteriebetrieb ist er wirklich klein und ergibt perfekten Sinn. 10 Tracks sind schon viel. Das reicht für eine komplettes Drumset oder eben für die ganze Band bei max. 3 Mics für’s Drumset (1x Kick, 2x Overhead). Mit etwas Zubehör kann man auch tricksen. Das ZOOM AMS-44 Interface funktioniert auch als kleiner Mischer mit 4 Kanälen, d.h. man kann 4 Drums Mics im AMS-44 mischen und als Stereotrack in den H8 füttern. Darüberhinaus kann man natürlich den H8 mit dem AMS-44 am Mac zu einer Gruppe zusammenfassen und kann dann mit 14 Kanälen direkt in die DAW aufnehmen und sogar mit bis zu 4 Mixen abhören (1x H8, 2x AMS-44, 1x Mac). Als mobiles Studio bietet der H8 viel.
Warum kein R20 oder ähnliches?
Der R20 kann zwar 8 Inputs, was nicht ganz so schlecht ist, aber nur 44,1 kHz. Reicht eigentlich, aber da wir uns untereinander auf 48 kHz geeinigt haben, will ich ja nicht dauernd resamplen müssen. Ausserdem ist 48 kHz Standard. Der R20 läuft auch nicht auf Batterien. Der L-8 wäre eine Option, hat aber nur 8 Inputs und ist zu groß. Und so geht es bei allen anderen Geräten weiter. Mein Wunsch wäre ein ZOOM AMS-104, also 10 XLR Inputs und 4 Outputs und das in einer ähnlich kompakten Form, wie das 44er. Dann dürfen es auch 4 AA Batterien sein. Übrigens lassen sich die Effekte nur bei 44,1 kHz benutzen. Für Bandrecordings brauche ich das aber ohnehin nicht.
Soundqualität
Da bin ich auch schon bei den guten Seiten des ZOOM H8. Die Preamps sind sehr ordentlich. Eigentlich fast auf dem Niveau des Tascam. Die Qualität der Tracks ist voll studiotauglich. Ein 3 Band EQ, Effekte und Signalketten aus GuitarLab kennt der H8 genau wie der ZOOM R12. Schon die erste Demo klingt auf dem ZOOM H8 gut. Ein passiver Bass in Input A oder B (XLR Combo) braucht ca. 3,5 am Input-Gain, um auf stabile -6 dB zu kommen. Bis 5 am Gainregler kann man keinerlei Rauschen wahrnehmen. Bei Linelevel Inputs, braucht es gar kein Gain, bzw. der Pad Schalter wird notwenig. Die Vorverstärkung ist mächtig, da geht extrem viel, wobei im oberen Bereich ein großes Rauschen erzeugt wird. Für leise Signalquellen ist das grenzwertig.
Die mitgelieferte XY Kapsel
Das Teil ist ein Phänomen. Im Gegensatz zu H8 ist die Kapsel aus Metall gefertigt und macht einen hochwertigen Eindruck. Die Soundqualität ist absolut Top. Satte Bässe und kristallklare Höhen wie man sich das wünscht. Dagegen sind die 2 Kapseln des Tascam X8 wie Spielzeug.
Multitrack
Ja, das geht zwar, aber man merkt dem ZOOM H8 an, dass das nur eine Teildisziplin für ihn ist. Man kann zwar jedem Track eine beliebige WAV Datei zuordnen und damit Tracks verschieben, aber man muss das in mühseligen Einzelschritten machen. Dabei haben andere ZOOM Recorder eine SWAP Funktion. Warum nicht der H8? Natürlich kann ich auch für jeden Track einen anderen Input nutzen und für ein Bandrecording interessiert das nicht, aber sowas ist doch nur ein kleines Softwarefeature. Aber: Was man im Kern von einem Multitrack Recorder erwartet, bietet der ZOOM H8. Außerdem: Wer zuhause alleine Demos aufnimmt, der wird sich ohnehin lieber einem R12 oder ähnlichen zuwenden, da hier die 2 Inputs reichen und man dann viel mehr Nutzen aus Komfortfeatures zieht. Bei einer Bandaufnahme kann der H8 glänzen.
Metronon
Ist glücklicherweise da und lässt such gut konfigurieren. Schade ist, dass sich bei aktiviertem Tempo nicht ein Taktzähler einblendet, wie bei eigentlich fast allen anderen ZOOM Multitrackern. Es wäre auch schön gewesen, wenn man den Klicksound konfigurieren könnte.
Das Kapselsystem 2.0
Nein, kein Kaffeeautomat. Mit den Erweiterungskapseln, wird aus dem ZOOM H8 eine Wunderwaffe. Mit der EXH-8 kommen 4 XLR Inputs hinzu. 10 ganze Kanäle plus 1 Stereo Mix-Kanal lassen sich damit aufzeichnen. 12 Tracks in Summe. Die gehen im Mehrspurmodus auch ans Interface. Das ist großes Kino und da verzeche ich dem H8 auch viele seiner kleinen Unzulänglichkeiten. 10 Inputtracks im handlichen Format gibt es leider nirgendwo sonst. Und weil es so schön ist, kann man mit der VRH-8 Kapsel aus dem ZOOM H8 einen Ambisonics Recorder machen. Das ist sehr geil, wenn Du während eines Gigs das Ambiente vor und auf der Bühne einfangen willst. Es gibt sogar Decoder Software für den PC/Mac als VST.
Vergleich zum TASCAM X8
Der ZOOM H8 hat nur einen einzigen Vorteil zum TASCAM X8: Die bis zu 10 Aufnahmekanäle. In allen anderen Belangen, kann der H8 dem X8 nicht das Wasser reichen. Wem die 6 Kanäle des TASCAM X8 reichen, sollte keinen Gedanken an den H8 verschwenden. Auch wenn der ZOOM billiger ist, der TASCAM ist das erheblich bessere Gerät mit viel besserer Software und Soundqualität. Und es ist ein TASCAM, d.h. während ZOOM bei seinen Geräten höchstens Fehler korrigiert, entwickelt TASCAM seine Geräte immer weiter und das kostenfrei. Sollte Tascam je einen Portacapture X12 bauen, käme der H8 sofort weg.
Two Cents?
Ohne die EXH-8 Kapsel mit den 4 weiteren Eingängen, ist der H8 ja eigentlich auch nur ein 6 XLR Input Recorder. 6x XLR geht auch mit dem Tascam X8. Auf dieser Basis verglichen, ist der X8 das bessere Gerät. Für mich macht der H8 nur wegen der 10 Spur Option sinn und dafür benutze ich ihn sehr gerne. Es ist ein wirklich guter Recorder, der viel besser hätte werden können, wenn ZOOM an mehr Softwarefeatures hätte denken wollen. Mir war aber auch wichtig, dass so ein Gerät auf Batterien laufen kann. In der Disziplin punktet der H8 voll und ganz. An die 12 Stunden (ohne EXH-8) läuft der mit 4 Eneloop Pro AA Akkus. Mit der EXH-8 Kapsel ist es deutlich weniger. Ich bin froh dass ich ihn habe, weil er gut ins Gigbag passt und dafür sehr flexibel recorden kann. Außerdem macht es mir irgendwie beim H8 auch nichts aus, wenn er unsanft behandelt wird – auch das ist ja nicht ganz unpraktisch.