Die ZOOM Livetrak Serie ist keine robuste Gerätschaft für den harten Toureinsatz. Wer jedoch für sich abschätzen kann, es in einer gesitteten Umgebung einzusetzen, hat mit einem Livetrak Mischpult ein gutes Universaltalent für Recording und Livegigs. Ich spiele nicht nur in einer Band. In der Pop Band verwenden wir einen ZOOM Livetrak L-20, der mit seinen 16 XLR-Combo Eingängen schon viel erlaubt – Im Sinne von Instrumenten und Mikrofonen. Im meiner Jazz Band verwenden wir meinen ganz persönlichen ZOOM Livetrak L-8. Da wir nach etwas gesucht hatten, was für Live und Recording funktioniert, scheibe ich für den ZOOM Livetrak L-8 hier einen kleinen Erfahrungsbericht für alle Musiker, die vielleicht auch gerade nach einem kleinen Pult suchen.
Die Ausgangslage
Wenn man ruhigen Bar-Jazz spielt, braucht es eigentlich nicht viel an Equipment. Im einfachsten Fall bestimmt das Saxophone die Gesamtlautstärke und Bass und Gitarre passen sich über die jeweils eigenen Verstärker einfach an. Das bedeutet natürlich auch, dass keine PA vorhanden ist, sondern die Instrumentenverstärker das Publikum direkt beschallen. Sowas geht recht gut wenn man bei einem Empfang, Dinner oder sinkendem Schiff im Hintergrund für Unterhaltung sorgt.
Eingänge
Die Situationen können aber auch anders sein, weil entweder ein Drummer dabei ist oder über die PA gespielt wird. Daher ist ein Bandmischpult immer irgendwie Pflicht. Das ZOOM Livetrak L-8 Mischpult bietet 8 Eingänge. Was bei den ZOOM Livetraks auffällt, ist der sehr breite Gain-Bereich. Es gibt eigentlich nichts, was man nicht ausreichend verstärkt bekommt, damit es im Mix bestehen kann.
Instrumente und Line-In
Ein schönes Beispiel ist ein passiver Bass. Auch wenn 2 der Eingänge (1 und 2) eine Hi-Z Schaltung für passive Instrumente, so kann ich trotz dem den Bass an allen 8 Eingängen einfach so anschließen. An den Eingängen 1-6 reicht ein maximal mittleres Gain-Setting aus, um den passiven Bass auf entspannte 0 dB zu bekommen – auch ohne Hi-Z Schaltung. An den Eingängen 7 und 8 gibt es keinen Gain-Regler, weil die per Definition nur Linelevel Signale erwarten, d.h. hier muss man den Kanalfader auf knapp Maximum stellen, um das passive Instrument auf 0 dB im Ausgang zu Pegeln.
Channelstrip
Das macht den ZOOM Livetrak L-8 noch vielseitiger für eine Jazzcombo, als er ohnehin schon ist. Vielleicht zum Verständnis dazu: Ganz im Sinne der Jazzstandards spielen wir nicht mit Effekten. Eine cleane Gitarre, cleaner Halbakustik-Bass, Drums und Saxophone. Beim Sax und bei der Gitarre gibt es einen Reverb, den der L-8 hervorragend liefert. Natürlich kann man insgesamt nur einen Effekt benutzen, aber der typische Anwendungsfall ist ja ein Hall-Effekt für Vocals und Bläser. Den Sendlevel des Effekt kann man ja pro Kanal im Channelstrip einstellen und der Return geht dann logischerweise auf den Master für alle Kanäle. Nicht mehr, nicht weniger.
Setup Beispiel
Mit den 8 Eingängen kommt man als Quartett schon ziemlich weit. Beispiel: Kanal 1: Gitarre, Kanal 2: Bass, Kanal 3: Saxophone, Kanal 4 bis 6 für die Drums. Wie gesagt: Das ist das kleine Besteck für eine Jazzcombo. Natürlich kann man mit 8 Kanälen kein Drumset in der Band perfekt mikrofonieren, aber für einen Jazzdrummer reichen 2 Mikrofone im einfachsten Fall aus. Ideal für einen normalen Gig und Probeaufnahmen sind 4 Mikros für die Drums und da bleiben dann immer noch 4 Kanäle übrig. Und wenn der Drummer auf e-Drums umsteigt, reichen 2 Kanäle für die Drums 😉
Individuelles Monitoring
Ein Keyfeature des Livetrak L-8 ist das Monitoring für bis zu 4 Musiker mit eigenen Mixen. Es gibt einen Mastermix und zusätzlich 3 weitere Mischungen, die auf ihre jeweiligen Kopfhörerausgänge gelegt werden können. Wer also mit dem Master als Musiker nicht zurecht kommt, der macht sich seinen eigenen Monitormix. Das coole ist, dass der Livetrak L-8 4 Kopfhörerausgänge eingebaut hat. Das macht In-Ear-Monitoring für 4 Musiker perfekt. Selbstverständlich kann mit z.Bsp noch den ZOOM ZHA-4 an einen der Ausgänge anschließen und mit z.Bsp. 7 Personen monitoren.
Sound
Der Sound des ZOOM Livetrak L-8 ist nicht das was ich ursprünglich von einem digitalen Mischpult erwartet habe. Er ist zwar ziemlich neutral, aber trotzdem voll und „warm“, also vielleicht etwas bassig. Wenn ich meinen Halbakustischen Bass direkt ins den L-8 spiele und dabei nur das Halspickup verwenden, kommt ein schöner natürlicher kontrabassiger Sound aus dem Pult. Jeder Kanal verfügt über einen 3 Band EQ, der zwar leider nicht parametrisch ist, aber dennoch ordentlich den Klang formt. Man muß ja mal ehrlich sein: So ein kleines Mischpult ist nicht das, was man sich anschafft, um einen Livegig für 10.000 Leute abzumischen. Für den kleinen Clubgig, Proberaum oder Fahrstuhl um die Ecke, ist das Livetrak L-8 genau richtig.
Interface
Nun ist der Livetrak L-8 nicht nur ein Mischpult, sondern auch ein Audiointerface und Multitrack Recorder. Als Audiointerface funktioniert er wahlweise für Mac/PC oder iOS. Dank des Batteriebetriebs, kann man mit der Band vom L-8 aus direkt in Cubasis auf einem iPad oder iPhone aufnehmen, bzw. dessen Ausgangssignale in die Gegenrichtung auf Kanal 7 oder 8 ausgeben. Auch wenn die Kanäle 7 und 8 jeweils nur einen Mono Eingang haben, sind sie dennoch Stereokanäle, d.h. USB Audio oder die Pads geben ein Stereosignal auf dem Bus. Was übrigens nirgendwo in den Spezifikationen für den L-8 beworben wird: Der ZOOM Livetrak L-8 kann im Audiointerface 16, 24 und 32bit bei 44,1 und 48 kHz. Möglicherweise ist die 32bit Option auch nur meiner Firmware 1.38 geschuldet. Leider gibt es bei ZOOM ja nur die vollkommen veraltete Version 1.12 als Download. Die Latenz (Roundtrip) mit dem ZOOM Treiber ist nicht rekordverdächtig. Für Softwaremonitoring halte ich den ZOOM L-8 für nicht gut geeignet. Aber: Mit Hardwaremonitoring funktioniert der L-8 absolut perfekt latenzfrei.
Fast konkurrenzlos
Es gibt viele Mischpulte mit Audiointerface, aber die meisten dieser Pulte können im Interface nur die Stereosumme ausgeben. ZOOM ist in dieser Preisklasse fast der einzige Anbieter, der mit der Livetrak Serie alle Spuren als diskrete Tracks ans Interface schickt. Es gibt da noch Tascam und Presonus, die Pulte mit Interface in einer ähnlichen Preisklasse anbieten, beide haben aber wiederum andere Einschränkungen gegenüber dem ZOOM (vorallem das Monitoring mit bis zu 4 unterschiedlichen Mixen beim L-8 – das haben die Konkurrenten allesamt gar nicht). Unterm Strich ist der L-8 für meinen Anwendungsfall genau das richtige Pult.
Multitrack Recording
Aber wer hat schon Lust auf das Herumhantieren mit Rechner und DAW im Proberaum, oder um einen Gig mitzuschneiden? Der L-8 hat einen eingebauten Multitrak Recorder und das kann er richtig gut. Es ist so simpel, wie es nur sein kann. Man stellt die Kanäle, die man aufnehmen will auch „REC“, aktiviert die Aufnahmebereitschaft und zeichnet mit PLAY auf. Die Transportkontrolle sind schöne leuchtende Tasten. Das ist so einfach, wie das musizieren selbst. Bis zu 96 kHz erlaubt der Multitrack Recorder. Die aufgezeichneten WAV Dateien sind voll studiotauglich. Übrigens hat der L-8 kein Aufnahmelimit. Er schreibt die SD Karte einfach voll und zerteilt die Track-Wave-Files einfach in je 2GB große Tranchen. Auf eine 16 GB SD Karte, kann man also ca. 41 Stunden aufnehmen. Für eine normale Session/Gig sollte das also reichen.
Metronom und Produktion
Ein Metronom ist auch an Bord, d.h. man muss also keinen Kanal für einen Klicktrack verschwenden. Mit allen diesen Fähigkeiten ausgestattet, lassen sich mit dem L-8 richtig gute Aufnahmen anfertigen, die man später in der DAW zu sehr ordentlichen Produktionen aufwerten kann. Und trotzdem ist das Pult sehr kompakt, leicht und transportabel. Ich habe in der Praxis für mich inzwischen den Weg gefunden, dass ich beim Produktionen mit normalen e-Bass direkt ins Pult gehe und später in der DAW den Sound durch entweder das Headrush ReValver VST oder das Ampeg SVT VST veredele. Beim Hollowbody Bass ist es ähnlich, wobei ich aber insbesondere für Live lieber durch den Headrush Core in den L-8 gehe, damit ich meine eigenen Amp-Clone (besonders den VOX BS50) verwenden kann, weil das dem Hollowbody einfach das gewisse Extra verleiht und ich weiß, dass ich in der Konstellation später nichts nachbearbeiten werde.

Batterien
Mit einem Satz Eneloop Pro (2500 mAh) läuft der Livetrak L-8 ca. 3 Stunden, bis das letzte 1/3 der Akkuanzeige leuchtet. Dabei macht es große Unterschiede, wieviel Last am L-8 hängt. Hochohmige Kopfhörer und Phantomspeisung bei gleichzeitiger Aufnahme saugen einen Satz Eneloop Pro in 2 Stunden komplett leer. Mit einem 32 Ohm Kopfhörer ohne 48V und Recording auf einem Kanal läuft er lockere 5 Stunden am Stück. Aber: Da der ZOOM L-8 USB Bus Power unterstützt, kann man ihn einfach mit einer USB Powerbank betreiben und hat unzählige Stunden mobiles Recording zur Verfügung.
Features
Wie am Anfang schon erwähnt, verwenden wir in der Band auch einen ZOOM Livetrak L-20, dessen Features auf dem Papier anders sind. ZOOM schreibt, dass der L-20 bessere Preamps mit weniger Rauschen eingebaut hat. Außerdem hat er hier und da mehr Einstellungsmöglichkeiten. Was die Einstellungen angeht, stimmt das auch zu einen großen Teil, denn die Mitten im EQ sind beim L-20 parametrisch und man kann den Monitor-Mix breiter differenzieren. Alle anderen Funktionen pro Kanal, sind am Ende aber zwischen L-8 und L-20 identisch, auch wenn sie teilweise unverständlicherweise einfach nur anders benannt oder angeordnet wurden. Bei den Preamps weiß ich nicht recht, wie ich das einordnen soll. Beide Pulte, das L-8 wie das L-20 haben erstklassige Preamps und ich kann beim besten Willen keinen Unterschied im Rauschen feststellen. Vielleicht kann man den Unterschied messtechnisch belegen, aber hören kann ich ihn nicht.
Handling
Im Handling hat der L-8 einen entscheidenden Vorteil zum L-20. Die Settings und Transportkontrolle ist unten am Pult angeordnet und damit sehr flüssig zu bedienen. Beim L-20 ist das für meinen Geschmack zu weit oben gelandet, sodass man immer über die darunter angeordneten Fader und Regler greifen muss. Bei L-20 hat das Recording wohl nicht oben auf der Liste gestanden. Aber das ist Meckern auf hohen Niveau.
Szenen
Wie bei allen Livetrak Modellen, kann man auch beim kleinen L-8 den Zustand des Mischpults in Szenen abspeichern. Dabei speichert der L-8 alle Einstellungen nach dem Gain-Regler. In der Praxis heißt das zum Beispiel, dass ich einen Mix für jeweils Duett, Trio und Quartett als Szenen speichern und diese per Knopfdruck einfach wieder zurückladen kann. Im Trio ohne Drums ist der Bass z.Bsp. im Mix lauter und höhenreicher, im Quartett mit Drums leiser und gedämpfter.
Robustheit
Was mir persönlich gut gefallen hätte beim L-8, wäre die Möglichkeit ihn per Bluetooth und App fernzusteuern, wie den L-20. Je nach Gig-Setup steht der Mischer vielleicht nicht optimal in Reichweite und besonders diese ZOOM Geräte sind nicht wirklich Robust. Mit ist beim Abbauen nach dem Gig mal das Ende meines Klinkenkabels auf den Fader von Kanal 2 geknallt. Im Resultat war der Fader stark verbogen und eine ordentliche Macke im Plastikgehäuse. Das Metall der Fader ist so weich, dass es sich einfach wieder geradebiegen ließ. Die Livetrak Pulte haben einen enormen Gegenwert zum Geld, was man ausgibt – wenn man den Funktionsumfang bewertet. Auf Robustheit wurde allerdings verzichtet.
An die PA
Wenn wir mit der Jazzcombo in der typisch ruhigen Umgebung auftauchen und unsere Standards spielen, dann kommt es nicht auf Robustheit an. Jenseits davon aber, sollte man sich gut überlegen, ob man damit touren möchte. Als feines, kleines schönes Setup, verbindet man den Livetrak L-8 auf Master XLR Out am besten mit 2 aktiven PA Boxen der 12″ Klasse. Die Alto TS, als auch die TX Serie funktionieren besonders für uns Jazzer super. Hauptsächlich, weil das Grundrauschen der Altos so extrem niedrig ist. In ruhigen Passagen, wo das Saxophon „weint“ und der Bass tragende ganze Noten spielt, hat man kein störendes Rauschen und einfach nur besten, natürlichen Sound.
Fazit
Wie auch immer. Der ZOOM Livetrak L-8 ist ein wundervolles Pult für kleine Bands und gemessen am Preis meine absolute Empfehlung für das kleine Besteck auf der Bühne und im Proberaum.
Firmware
Eine Sache will ich nicht unerwähnt lassen: Firmwareupdates gibt es bei ZOOM meistens ja nur wenn es zwingend nötig ist. Beim meinem L-8 ist Firmware 1.38 installiert (ab Werk). Diese Version kann man nirgends herunterladen. Auf der Supportseite findet man nur die Version 1.12 aus 2020 (also aktuell schon 5 Jahre alt). Inwieweit das ein Problem ist, kann ich nicht sagen, aber aus meiner ZOOM Erfahrung, scheinen da schon wichtige Fehlerkorrekturen vorzuliegen. Ich würde daher empfehlen keine „alten“ L-8 gebraucht zu kaufen, oder vielleicht bei ZOOM direkt nach einem Update zu fragen. Ich konnte mit der 1.38 jedenfalls keine Probleme feststellen.
PROS
- Kompakt und Portabel
- Umfangreiche Ausstattung
- sehr gute Preamps mit viel Gain Reserve
- Sound
- Audiointerface für Mac/PC und iOS
- Batteriebetrieb
- Multitrack Recorder
- Bedienung
CONS
- wenig robust
- Kanäle 7 und 8 für Musiker nicht optimal
- Phantomspannung nur für alle XLR/Combo gleichzeitig schaltbar
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