Jeder songschreibende Multiinstrumentalist kennt das: Du willst eine Idee festhalten und zwar so, dass jede*r in der Band den Song versteht. Wenn für Dich die Musik wichtiger ist als die Technik, dann stört eigentlich jedes Gerät, was nicht Instrument ist. Beim ZOOM R4 ist eines offensichtlich: ZOOM hat total richtig verstanden, wie kreative Musiker ticken und genau dafür einen zeitgemässen Multitrack Recorder entwickelt, bei dem ich nur meine Instrumente anschliessen muss.
Mein erster MTR war ein Fostex X-15 mit Kassette. Für mich damals in den späten 80er Jahren die Offenbarung. Ich habe heute noch einen Karton mit Kasetten aus der Zeit. Dann kam irgendwann viel später der Rechner mit Interface und weil mich der Rechner in der Kreativität eher einschränkt, habe ich über die Jahre verschiedenste TASCAM und ZOOM Geräte benutzt. Jedes neue Modell war ein Schritt nach vorne. Dennoch: Bei jedem Gerät – auch beim Interface – musst Du den Input Gain einpegeln, damit ein gutes Signal aufgezeichnet wird. Klar, ist irgendwie Standard, oder?
Beim ZOOM R4 ist Schluss mit einpegeln. Seine dualen A/D Wandler suchen sich von alleine die optimale Vorverstärkung und durch die Aufnahme im 32bit Float Format, ist das Signal immer perfekt. Man kann es später in der DAW nach Belieben bearbeiten. Ich finde das grandios und das verändert alles. Haben wir nicht alle davon geträumt, dass man sein Instrument einfach einstöpselt und schon kannst Du einfach so recorden? Genau das ist der ZOOM R4.
Das Gerät ist schön klein und zwar so klein, dass es in jeden Gigbag passt und zur Not in die Hosentasche. Da wo Deine Instrumente sind, muss auch der Platz des Recorders sein. Ein riesiges Teil nützt da auch irgendwie wenig. Besonders, da Du in der Ideephase wahrscheinlich für Dich alleine bist. Der ZOOM R4 reduziert sich auf die absolute Ezzenz dessen, was man braucht und legt noch ein paar geniale Features oben drauf.
Auf Kanal A steht eine Effektkette aus 2 Guitar Lab Effekten zur Verfügung. Fast alles, was man überlicherweise an Effekten oder Amp Simulationen braucht, ist einfach so da. Die Compressoren sind ZOOM typisch hervorragend. Manche Amps und vorallem die Distortion Effekte erzeugen viel zu viel Backgroundnoise. Teilweise in Frequenzbereichen, die man mit dem internen EQ nicht erwischt. Auch das kennt man von ZOOM und anderen Multieffekten auch. Die Einstellparameter sind bei den eingebauten Effekten allerdings zu stark reduziert. Während man bei den ZOOM Multieffekten jeden Effekt in Gain/Volume und Wet/Dry anpassen kann, geht das beim R4 nicht. Es werden immer nur 2 Regelparameter pro Effekt angeboten. Fairerweise muss man aber auch mal festhalten, dass mich das bei einem Hosentaschen MTR nicht interessiert. Ich kann ja jederzeit die heftigsten Effekte vor dem R4 einspeisen und aufnehmen.
Jeder der 4 Tracks hat einen eigenen 3 Band EQ, der leider nicht parametrisch ist. Gerade bei den Mitten wäre das schön gewesen. Da ist meine persönliche Referenz der TASCAM Portacapture X8, der einen vollparametrischen 4 Band EQ pro Kanal zur Verfügung stellt. Aber: Andere Preisklasse, anderes Konzept. Zusäztlich zum EQ hat jeder Kanal ein Reverb und ein Echo als Effekt. Perfekt mitgedacht, denn das sind ja die 2 Effekte, die Du als erstes hernimmst, um der Aufnahme mehr Fluff zu verpassen.
Für die Balance der 4 Tracks hat der ZOOM R4 4 echte aber kleine Fader. Ein bisschen fummelig sind die Dinger ja schon, aber gemessen am Formfaktor des Gerätes ist das schon in Ordnung. An die Tastenbedienung hat man sich ohne jedes Handbuch in sehr kurzer Zeit gewöhnt.
Bei 4 Tracks ist beim ZOOM R4 aber nicht das Ende. Sind 4 Tracks im aktuellen Projekt belegt, drückt man einfach auf BOUNCE. Schon mixt der R4 die 4 aktuellen Spuren und einem 5. Stereo Bounce-Tack zusammen und leert die 4 Tracks. Die originalen Aufnehmen werden aber nicht gelöscht, sondern nur aus dem jeweiligen Track entladen und man kann 4 neue Tracks hinzuaufnehmen. Das Spiel kann man nahezu beliebig oft weiterspielen. Später in der DAW hat man alle originalen Tracks für Mische und Mastern zur Verfügung.
Anders, als beim ZOOM R12 hat der R4 eine echte Ryhtmus Maschine, wie z.Bsp der ZOOM B6. Beim R12 sind ja nur Samples abgelegt, die man zwar selbst zusammenfügen kann, um Songstrukturen abzubilden, aber dafür lassen sich diese Samples nur sehr schlecht dem Projekttempo anpassen. Beim R4 ist ein echter Drumcomputer eingebaut, der als Edelmetronom benutzt werden kann. Das ist perfekt, denn Du hast meistens ja schon eine Idee für den Groove und wenn der passende Beat schon als Klicktrack läuft, überträgt sich das auch auf Deine Aufnahmen.
Was die reine Audioqualität angeht, ist der ZOOM R4 ganz vorne mit dabei. Das Material ist ohne Einschränkung studiotauglich. Egal ob man die WAV Dateien verarbeitet, oder den R4 als Interface benutzt. Die Preamps sind wirklich extrem gut und rauscharm. Auch der Kopfhörerverstärker im Gerät ist sehr ordentlich, wenngleich er ganz leicht rauscht – allerdings viel weniger als bei TASCAM Geräten.
Ein paar Worte noch zum eingebauten Mikrofon. Das ist etwas, was jeder MTR haben sollte. Mir ist es unverständlich, warum ZOOM das bei R12 und R20 weggelassen hat. Kaum ein Percussion Instrument und die eigene Stimme funktionieren im Recording ohne Mikrofon. Daher ist es sehr erfreulich, dass beim ZOOM R4 an ein Mikrofon gedacht wurde. Das Mic funktioniert sogar ziemlich gut. Es scheimt mir eine Kugelcharakteristik zu haben und löst recht fein auf. Auch tiefe Frequenzen gehen ganz gut rein. Man darf kein Wunder von dem Mikrofon erwarten, aber für eine Demo reicht es in jedem Fall. Für Vocals oder Studiotracks nimmt man aber besser ein richtiges Mikro.
Mit der Welt Ideen zu teilen, heist Mixdown in ein handelsübliches Format. Beim ZOOM R4 kann man im Gegensatz zu den meisten anderen MTR endlich in MP3 und nicht nur WAV ausgeben. Hier lauert aber eine Falle. Das MP3 Format kann die Dynamik der internen 32bit Float Aufnahme nicht wiedergeben. Hat man vor Begin des Exports die Fader auf einen zu hohen Pegel gestellt, ist das fertige MP3 am Ende übersteuert. Die blauen Pegel in der Anzeige sollten sich ungefähr bei der Hälfte bis max. 3/4 in der Spitze einpegeln, damit der Export als MP3 brauchbar wird. Leider gibt es in der Anzeige keine Gitterlinien und dB Referenzen an den man sich orientieren könnte. Schon klar: Bei 32bit Float intern, braucht der R4 keine Einheiten, aber nett wär’s schon.
Eine Sache fehlt dem R4 aber leider doch, auch wenn er klein und kompakt ist, oder gerade deswegen. Man kann ja die Audiofiles nicht editieren, daher braucht es bei so einem Konzept die Punch-In Aufnahme. Gerade bei einem neuen Song, verspielt man sich mal und muss im Idealfall korrigieren, ohne den ganzen Take zu wiederholen. Das kann der ZOOM R4 zwar, aber nur auf die ganz klassische Art, d.h. während der Wiedergabe auf einem aktiven Track auf REC drücken und Punch-In startet und nochmal REC drücken und Punch-In stoppt. Als Gitarritst/Bassist, kannst Du natürlich kaum während des Spielens mit Deiner nicht vorhanden dritten Hand auf REC drückem. Früher hatten Multitrack Recorder immer eine Buchse zum Anschluss eines Fußschalters. Oder ganz morderne Geräte haben einen Auto Punch-In, bzw. die Möglichkeit In-Out-Marken zu setzen. Nichts davon hat der R4. Leider! Wenn Deine Demo also gut werden soll, dann musst Du die kompletten Takes solange wiederholen, bis sie sitzen – oder eine helfende Hand zusätzlich haben.
Dazu aber vielleicht noch die Anmerkung, dass der R4 ein perfektes Audio Interface ist und per USB-C ganz fix am iPhone mit Cubasis hängt, wo Du Deine Tracks natürlich beliebig zusammenstückeln kannst.
Es gäbe da noch eine kleine Sache, die extrem cool wäre und zwar wenn man das USB Input Signal auf Input A/B routen könnte. Der TASCAM X8 kann das. Auf diese Weise kann man ein Audiosignal vom Smartphone aufzeichnen und dann eigene Track dazu aufnehmen. Als Workaround kann man natürlich per Line in den R4 aufnehmen, aber direkt über USB ist schon praktisch.
Der ZOOM R4 ist viel Ausrüstung in einem kleinen Gerät. Multitrack Recorder, Mixer, Übungsamp, Metronom, Stimmgerät ind Audiointerface. Zusammen mit der kinderleichten Bedienung und der super Soundqualität kann man mit dem Gerät einfach nichts falsch machen. Wenn ich mit einem Instrument das Haus verlasse, ist der ZOOM R4 inzwischen standardmässig mit dabei.