Ibanez RB760 Roadstar II

Es muss 1985 oder 1986 gewesen sein, so genau weiß ich das leider nicht mehr, als ich diesen Bass – einen Ibanez RB760 Roadstar II – gekauft habe. Für stolze 1.150 DM. Viel Geld damals, aber mein erster richtiger Bass (aber nicht der Erste), auf dem man auch richtig spielen konnte und auch heute noch kann! Im Netz findet man wirklich wenig über dieses wundervolle Instrument, daher schwelge ich hier mal ein wenig in der fernen Vergangenheit.

Transparent Black

Transparent Black nennt sich die Farbe, wo der Body zuerst eine blaue Tönung bekam und dann im Sunburst-Stil von außen schwarz beilackiert wurde. Je nach Lichteinfall ist das bläuliche Schimmern einfach unglaublich. Das Palisander Griffbrett hat 24 Bünde, die irgendwie einen Tick breiter sind, als bei einem typischen Jazz Bass zu der Zeit. Dennoch: Mit den modernen Jumbo-Dingern hat das glücklicherweise noch nichts zu tun. An der Rückseite ist neben dem Elektronikfach noch ein Batteriehalter für die 9V Block Batterie, die den Preamp mit Saft versorgt. Der Sound kommt aus 2 Pickups in P-J-Konfiguration. Die 3 Regler bieten Balance, Master Volume und Master Tone.

Die Brücke ist wuchtig und geslotted, damit man Saiten schnell wechseln kann und sie lässt sich mit metrischen Werkzeug perfekt einstellen. Was die Intonation angeht, ist der RB760 eine Bank. Witzigerweise galt Made-In-Japan früher mal als nicht so hochwertig. Heute wissen wir das besser und der in Japan hergestellte Ibanez RB760 zeigt das gnadenlos. Das Instrument ist einfach perfekt verarbeitet.

Good Shape

Der Ibanez RB760 ist nun ca. 37 Jahre alt und befindet sich genau so lange in meinem Besitz. Der Hals ist heute noch perfekt gerade und was für mich persönlich an ein kleines Wunder grenzt, ist die Saitenlage. Ich habe den Hals komplett flach eingestellt, d.h. er hat 0 Krümmung. Der Saitenabstand ist geradezu bizarr niedrig. Selbst ein normales Blatt Papier geht gerade so zwischen Saiten und Bünde. Trotzdem schnarrt auf dem gesamten Griffbrett nirgendwo auch nur ein Bund, jedenfalls bei gesitteter Spielweise. Ich haue einfach zu gerne ordentlich rein 😉 Ich kann eigentlich kaum beschreiben wie leicht sich der Ibanez RB760 bespielen lässt. Bedenkt man das Alter des Instruments, dann ist diese Qualität schon ziemlich einzigartig. Vielleicht hatte ich auch nur Glück mit dem Instrument, aber es ist wie es ist. Perfekt.

Die Bünde sind total runtergerockt. Ich weiß gar nicht wie viele Stunden dieses Instrument schon ertragen musste, aber die meisten Bünde sind eckig geschliffen. So muss das! Trotzdem spielt sich der Bass noch richtig schlüpfrig. Das Griffbrett selbst hat sich verblüffend gut gehalten und es steht nicht ein Bund über.

Sound

Der Sound ist sowas von 80s, dass es kaum noch zu steigern ist. Müsste ich jetzt einen 80s Pop-Song aufnehmen, würde ich sofort und ohne nachzudenken den Ibanez nehmen. Für diese Ära ist er absolut authentisch. Ein Highlight sind die Pickups mit der Elektronik jedoch nicht. Der Sound bewegt sich in sehr engen Grenzen und man muss schon deutlich nachhelfen, um den gewünschten Sound zu bekommen. Ein Knurren, wie beim Jazz Bass fehlt dem Ibanez RB760 etwas. Dafür brilliert er mit ultrafeinen Höhen (sofern die Saiten neu sind). Wenn man jetzt noch Stimmung und Intonation leicht modifiziert (verstimmt), dann erzeugt der Ibanez einen Wahnsinns Chorus Effekt, der zusammen mit den richtigen Harmonien pure Gänsehaut erzeugt.

Ibanez Funk – Purer Sound ohne EQ, ohne Amp, ohne Effekte direkt in den Tascam X8. Blendregler Mitte (50/50 P und J Pickup), Volume 100%, Tone 100% up. DIE SAITEN SIND MIND. 10 JAHRE ALT!

Zahn der Zeit

Zum Glück bekommt man heute noch die Ersatzteile von Ibanez. Vor gut 5 Jahren wollte der Ibanez RB760 keinen Ton mehr herausbringen. Das Batteriefach war korrodiert. Bei der Gelegenheit habe ich bei Ibanez das Fach und Verkabelung inkl. Schrauben neu gekauft. Nun ist alles wie gehabt original aber neu und perfekt funktionstüchtig. Dings und Dongs überziehen den Korpus und an der Rückseite des Halses ist der Lack schon ziemlich runter. Das ist „Worn“ in Echt, ohne das man viel Geld ausgeben muss, um so zu tun als hätte man im Leben viel gespielt. Sorry für den Seitenhieb, aber ich habe mich immer gefreut, wenn meine Bässe makellos geblieben sind und finde das schon ziemlich lächerlich, wenn man heutzutage nagelneue Relic-Instrumente kauft, um so zu tun, als wäre man der ganz harte Rocker.

Fast Gute Stimmung

Die Stimmmechaniken sind nicht so der Hit. Die Übersetzung ist ziemlich klein und wenn Du live zwischen den Stücken nachstimmen musst und drehst 100x in Mikrometer Schritten hin und her, um die Stimmung zu treffen, dann hat das großes Nervpotential. Dafür halten die Dinger die Stimmung ganz gut.

Ode

Der erste Bass ist etwas Besonderes und den gibt man nicht mehr her. Mein erster Bass war allerdings ein Italo-Schrott-Teil, was ich nie im Leben hätte behalten wollen. Der Ibanez RB760 war also mein zweiter Bass, aber eigentlich der erste richtige Bass und den geben ich garantiert nicht mehr her. Trotz allem bin ich dann doch zum Jazz Bass gewechselt, weil mir der Sound einfach besser gefällt, doch der Ibanez wird noch regelmäßig zur Übung gespielt – like it’s 1986 😀

Das Italo-Schrott-Teil

Durch einen absolut unglaublichen Zufall, habe ich im Jahr 2024 meinen ersten Bass – das Italo-Schrott-Teil – wiederbekommen und vom Gitarrenbauer zu einem richtigen Instrument aufbauen lassen: Mein Melody Vintage 5000!

Ibanez Chords. Plate Reverb, kein EQ, Blendregler 1/4 mehr P als J Pickup (mehr P-Bass Sound), Volume 100%, Tone 100% Up.