Es ist Freitag, später Vormittag. Ich stecke mitten in den Vorbereitungen für einen Gig am Abend, als der Postbote vor der Tür steht und mir einen großen Karton in die Hand drückt. Eigentlich richtig schlechtes Timing. Der Sperrgutversand hatte eine gute Woche gedauert und wenn ich heute etwas nicht gebrauchen kann, dann einen neuen Bass. Wenn da nicht die Neugier wäre, hätte ich weiter meine Songs geprobt und mein Equipment zusammengesucht. So ein Karton ist verblüffend schnell offen, wenn man es eilig hat und nach nur wenigen Sekunden kam ein wirklich schicker Bass zum Vorschein.
Allerdings landet der Ibanez SR1345 ersteinmal im Ständer und ich probe weiter ein Stück, was wir heute Abend zum ersten Mal spielen werden und als Band erst 1x geprobt haben (echte Musiker proben nicht). Beflügelt von 2 Durchläufen auswendig und ohne Fehler, denke ich mir: Eben mal schnell den SR1345 auf EADGC umbesaiten und antesten.
Und ja, mit der Brücke des Ibanez SR sind Saiten extrem schnell gewechselt und was wäre jetzt besser, als einfach mal die Setlist für den Abend durchzuspielen? Genau, nichts 😉 Intonation und Saitenlage? Einmal peilen, sieht gut aus, ein Akkord am 13. Bund, klingt OK, also los. Erster Eindruck: Der Ibanez SR Premium lässt sich so premium bespielen, wie der Name und die SR Serie es vermuten lässt. Bis zum 24. und letzten Bund schnarrt nichts. Für ein Werkssetup echt nicht schlecht.
Aber Zeit ist jetzt keine. Ich muss meine Sachen zusammenpacken und los. Und da ist er plötzlich. Dieser eine schräge Gedanke: Ich spiele das Set heute Abend mit dem nagelneuen SR. Der Ibanez SR und mein Ibanez AFB 200 landen daher auf der Rückbank und ab geht die wilde Fahrt.
Am frühen Abend wird aufgebaut. Es ist wuselig auf der Bühne zu viele Leute rennen während des Aufbaus über die Stage. Der Ibanez SR1345 wird im Ständer umgeworfen und bleibt „zum Glück“ an einem Pfosten hängen. „Nur“ ein kleine Stelle Klarlack platzt von der Kopfplatte. Mit meiner Uhr ziehe ich einen fiesen Kratzer in das Finish der Decke und an der Unterseite hat der SR1345 seine erste Delle.
Egal, ich ziehe das Set mit dem SR1345 durch. 2 Songs spiele ich an dem Abend mit dem AFB200, aber der gesamte Rest kommt aus dem SR mit seinen brutal guten Nordstrand Big Singles. Einen Ibanez SR Premium kann man komplett passiv spielen und damit musste ich kein einziges meiner Presets im Headrush ändern. Selbst Passiv erzeugt der SR1345 einen mächtigen Druck. Der Sound ist extrem vielseitig. Passiv auf dem Neck-Pickup mit 80% geschlossener Höhenblende ist der SR extrem dicht am P-Bass Sound, während aktiv und mit all den Möglichkeiten des EQs einfach jeder Sound möglich ist.
Es ist Samstag, der Tag danach. Zum ersten Mal schaue ich mir den Ibanez SR1345 im Detail an. Das Ding ist so makellos verarbeitet, wie es nur geht. Der Hals ist nahezu komplett gerade eingestellt. Die Krümmung kann man nur erahnen. Die Saitenlage beträgt am 12. Bund ca. 2,1 mm. Das ist schon gut niedrig und damit schnarrt kein einziger Bund! Die Intonation ist auf 3 Saiten perfekt und auf 2 Saiten musste ich sie dann nachjustieren. Die Saitenlage habe ich auf ca. 1,9 mm abgesenkt. Damit schnarrt immer noch nichts. Drücke ich nun am ersten und nach dem letzten Bund die Saite herunter, passt mittig nur noch ein Blatt Papier zwischen Bund und Saite. Das ist schon heftig, aber das kommt mir bekannt vor: Mein Ibanez RB760 hat ebenfalls diesen extrem geraden Hals mit dieser unglaublich guten Bespielbarkeit.
Preis/Leistung ist schon immer eine Stärke von Ibanez gewesen und auch bei einem Ibanez SR Premium wird man nicht enttäuscht. Die Komponenten machen Spaß. Gotoh Tuner, MR5S Brücke, Nordstrand Bing Single sind einfach ausgereifte und praxistaugliche Sachen, die On und Off Stage perfekt funktionieren. Und das bei nur 3870 Gramm inkl. Batterie auf der Küchenwaage.
Die Ergonomie und Bespielbarkeit war für mich das Wichtigste. Ich brauche 5 Saiten und 24 voll bespielbare Bünde, geringes Gewicht und gute Komponenten. Genau das liefert die SR Premium Serie. Aber es gibt auch kleine Schattensaiten. Das Finish ist sehr empfindlich und bei aller liebe zum Naturlook der Bässe, wäre es gut wenn Ibanez die Dinger auch mit einer normalen Lackierung anbieten würde. Die Potis sind für meinen Geschmack zu stark gedämpft. Auch wenn sich das hochwertig anfühlt, aber leichtgängiger fände ich besser.
Tja: Vom Karton auf die Bühne. So heftig wurde bei mir noch kein Instrument eingeweiht. Sicher ist aber, dass der Ibanez SR1345 sicher eine sehr lange Zeit mein Workhorse bleiben wird, auch wenn er natürlich nicht immer ins Set passt.