Lichtgriff

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6 + 4 Jahre E-Auto

Die Zeit vergeht schnell und man gewöhnt sich an Alles. Das sind zwei ziemlich platte Weisheiten, treffen aber den Kern ganz genau. 6 Jahre ist unser e-Golf nun alt und der ID.4 begleitet uns auch schon seit 4 Jahren. Wir reden hier also längst nicht mehr von der Anfangsbegeisterung mit rosaroter Elektrobrille.

Neue Gewohnheit

Nach all den Jahren gibt es absolut nichts mehr, was bei uns zuvor nur mit einem Verbrenner funktioniert hätte. Darüber hinaus hat die Gewohnheit gnadenlos zugeschlagen. Das E-Auto ist auch nur ein Auto mit 4 Rädern und einem Lenkrad. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich anfangs vor längeren Fahrten eine Ladeplanung gemacht habe. Das ist komplett vorbei. Ist die Batterie leer, besorge ich frischen Strom. Ladeinfrastruktur auf Langstrecken und besonders entlang der Fernverkehrsstraßen gibt es genug.

Reichweite? Was ist das?

Das Reizwort Reichweite ist bei mir in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht. Das ist eben die Macht der Gewohnheit. An einem normalen Alltags-Tag bekomme ich nicht einmal die winzige Batterie des e-Golf leergefahren. Das Auto zuhause an die Steckdose anzuschließen läuft inzwischen genauso unterbewusst, wie das Handy abends auf die Ladestation zu legen. Was am Anfang also anders war, als mit dem Verbrenner, wird so normal, dass Du nicht mehr darüber nachdenkst. Ja, die Abläufe bzw. die Rituale sind anders geworden, haben aber nur alte Rituale ersetzt. Ich war seit Jahren nicht mehr an einer Tankstelle, denn die ist jetzt zuhause.

Läuft und Läuft

Volkswagen hat zu Beginn der ID Ära viel Kritik einstecken müssen. Zurecht, denn die Software war damals wirklich nicht gut. Das ist aber längst Schnee von gestern. Unsere 2 elektrischen VWs tun das, was irgendwie typisch ist für einen Volkswagen: Sie laufen, laufen, laufen. Zusammen haben unsere beiden E-Autos nun 140.000 Km zurückgelegt. Weder haben die Batterien an Leistung verloren, noch gibt es irgendeinen typischen Verschleiß. Nach 6 Jahren und 80.000 km haben Bremsbeläge und Scheiben des e-Golf noch ihre volle Stärke. Das einzige, was der e-Golf bisher verschlissen hat, sind Scheibenwischer und Pollenfilter. Beim ID.4 ist es genauso. Da die mögliche Beschleunigung des E-Autos doch etwas üppiger ausfällt, als bei Verbrennern, zahlt man unter Umständen – wenn man sich nicht im Griff hat – ein erhöhtes Reifenlehrgeld. Es hat natürlich auch etwas, wenn Dich der Reifenmonteur mit weit aufgerissen Augen anstarrt und fragt: „Wie geht das denn?“ Glücklicherweise kann man ja auch zurückhaltend fahren und somit die Reifen angemessen schonen.

Mir doch egal

Wenn das elektrische Fahren also zur Normalität und Gewohnheit geworden ist, wirken die öffentlich medialen Debatten um das Pro und Contra von E-Autos völlig aus der Welt gerückt. Wie damals, als bei den ersten Digitalkameras wie in der Gebetsmühle über Megapixel diskutiert wurde, geht es heute immer noch in erster Linie um Reichweite. Früher habe ich gedacht, ich müsste da mitdiskutieren und für Aufklärung sorgen. Heute schaue ich mir das Thema nur noch amüsiert von der Seitenlinie an. Ich kann mit der geringen Reichweite des e-Golf hervorragend leben. Macht der Gewohnheit eben. Man muss nur mal den Mut aufbringen und sich an etwas Neues gewöhnen wollen.

Angsthasen

Angst vor Veränderung ist allerdings die größte Grundangst des Menschen. Bei manchen mehr, bei anderen weniger und bei speziellen Menschen ist diese Angst so groß, dass sie konservative Populisten werden. Dagegen ist leider kein Kraut und keine Rationalität gewachsen. Jegliche Weiterentwicklung und jeglicher Fortschritt geht immer mit Veränderung einher. Wer heute am Verbrenner festhält, hätte früher die Pferdekutsche behalten wollen. Manche Dinge scheitern wohl an der Natur des Menschen. Für jemanden, der sich vollkommen an diese Veränderung gewöhnt hat, wirkt die ganze Debatte vollkommen absurd. Warum sollte ich mich freiwillig von Öl abhängig machen, wenn es echte Alternativen gibt?

e-Golf Autostadt aufladen
e-Golf an AC Ladesäule

Kostenlos

Meinen Alltag bestreite ich hauptsächlich mit dem e-Golf. Die PV am Haus erzeugt dabei im Jahr mehr Strom, als der Golf in einem Jahr (12.000 km) verbraucht und meine Gewohnheiten haben sich so der Sonne angepasst, dass ich den kostenfreien Strom auch tatsächlich optimal in die Batterie des Autos lade. Wenn man will geht alles. Die PV hat sich inzwischen amortisiert, d.h. der e-Golf fährt faktisch kostenlos. Die Mehrkosten in der Anschaffung hat er längt wieder eingespielt und ist damit billiger als ein vergleichbarer Verbrenner. Für mich und meinen Anwendungsfall ist das E-Auto dem Verbrenner haushoch überlegen.

Verbrenner verbrennt nur Geld

Und nochmal zurück zu den Autos an sich: Der ID.4 hat sich als grundsolides Auto erwiesen und für eine 1st Edition hatte er verblüffend wenig Kinderkrankheiten, die während der Garantie auskuriert wurden. Inzwischen würde ich die ID Serie als ausgereift ansehen. Der e-Golf ist eigentlich nur ein bewährter Golf VII und genauso ist die Erfahrung mit ihm. Ich bin irgendwie gespannt, wie es in weiteren 4 Jahren aussieht. Alle Verbrenner, die wir bisher hatten, haben es bis ca. 120.000 Km und 8 Jahre geschafft, bis die großen Reparaturen losgingen. Ich erinnere mich noch gerne, an unseren Volvo V70 D5, bei dem nach 8 Jahren gleich 3 Injektoren ausfielen. Pro Injektor wurden 900 Euro fällig. 2.700 Euro durfte ich auf den Tisch des Autohauses legen. 1 Jahr später verabschiedeten sich Turbolader und Standheizung. Als er dann knappe 10 Jahre alt war, mussten wir die Reißleine ziehen, weil die Reparaturen nicht mehr wirtschaftlich waren. Das ist ja nichts besonderes bei einem Verbrenner, denn die Zahl der Verschleißteile ist bei dieser Antriebsart nun einmal sehr hoch.

Stromquelle

Bis 8 Jahre gilt beim E-Auto die Garantie für die Batterie. Bis dahin mache ich mir also keine Gedanken. Allerdings mache ich mir auch keine Sorgen für die Zeit danach, denn auch Batterien kann man reparieren. Zumindest bei VW. Ja, andere E-Auto Hersteller haben teils Batterien, wo Zellen oder Module nicht getauscht werden können. Sowas hatte ich aber vorher recherchiert und entsprechend einen Bogen darum gemacht. Es ist aber auch eine Erkenntnis, dass ein Akku bei guter Pflege eigentlich kaum abbaut und effektiv liegen wir mit den Ladezyklen noch ganz weit von dem entfernt, was für den Hersteller noch im Toleranzbereich ist. Rein rechnerisch müsste ich mit dem ID.4 ganze 1,2 Millionen Kilometer fahren, um in die Gegend von 3000 Ladezyklen zu kommen. Wir haben nach 4 Jahren ca. 150 Ladezyklen geschafft (also ca. 60.000 Km). Dabei haben wir die Batterie wenn es hoch kommt 10x auf über 90% geladen, sonst immer nur auf maximal 80%.

Mehr Zyklen

Der e-Golf mit seiner kleinen Batterie hat schon wesentlich mehr Ladezyklen bekommen, nämlich ca. 400 an der Zahl. Mit seinen 6 Jahren und 80.000 Km kommt er aber immer noch genauso weit, die am ersten Tag. Ich bin da entspannt, denn mit dem ganzen Geld, was die E-Autos bisher eingespart haben, wäre beim Golf schon knapp eine komplett neue Batterie drin und eine gebrauchte, die derzeit so um die 7000 Euro liegt würde nicht einmal mehr die positive Bilanz ruinieren. Man muss die Gesamtkosten über die lange Zeit betrachten und da hatte das E-Auto nach ca. 4 Jahren bereits den Verbrenner überholt.

Schönrechnen

Man kann sich natürlich alles schön und schlecht rechnen und Glück oder Pech haben. Wir hatten Autos, die hatten fast nie irgendwelche Defekte und andere, die nach der Garantie zu Kostengräbern wurden. Die beiden Verbrenner, die wir vor den beiden E-Autos hatten, hatten in 9 Jahren insgesamt 15.000 Euro an Wartungskosten erzeugt. In 3 Jahren werde ich das also seriös vergleichen können. Bis heute aber liegen die E-Autos davon meilenweit entfernt. Beide E-VWs zusammen haben bisher 1.600 Euro an Wartung verbraucht. Das ist erheblich weniger, als bei den Verbrennern.

Wer es bis hierhin geschafft hat zu lesen: Vielen Dank und ich hoffe, wenn Ihr bisher noch überlegt, ob ein E-Auto das richtige ist, dann kann ich nur sagen: Ja, ist es. Habt keine Angst vor Veränderung, denn man gewöhnt sich sehr schnell an Alles.

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5 Kommentare

  1. Norman Z. 7. März 2025

    Einen ganz großen Dank dafür, daß hier Langzeiterfahrung geteilt wird und das sachlich und unaufgeregt. Das macht Mut einen neuen Wagen zu wagen!

    Norman

  2. Duke Nukem 9. März 2025

    Diese Art von Beiträgen sind am besten, weil sie ohne den Finger zu erheben einem zeigen, was kommen wird. Ich warte zwar noch auf die Lieferung meines ID, freue mich aber jetzt noch mehr auf neue Rituale.

  3. Frank 10. März 2025

    Das ist so wahr! Unser Einsteig war 2018 mit dem e-Golf. 2020 kam dann das Tesla Model 3. 2022 ging’s mit ID.3 weiter und 2024 war zum Glück Leasingende vom Tesla und jetzt steht ein ID.5 vor der Tür. Ein Verbrenner? Nie wieder. 7 Jahre elektrisch da willst Du nichts anderes mehr.

    Grüße Frank

  4. Ingo 10. März 2025

    Ich treibe mich seit einigen Wochen hier herum, weil ich am überlegen war, einen ID.4 zu kaufen. Die Überlegungen haben sich jetzt erledigt… Auto ist verbindlich bestellt. 😀
    Danke für die vielen tollen Infos!

    Viele Grüße, Ingo

  5. H. Rehmann 10. März 2025

    Ich fahre seit 10 Jahren elektrisch und habe meinen ersten BMW i3 heute noch. Kann dem zu 100% zustimmen.

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