Es muss nicht immer nur antikes Equipment sein, wenn man mit einem Meßsucher fotografieren möchte. Konica – einer der Hersteller, der viele hervorragende Meßsucherkameras produziert hat – brachte im Jahr 1999 die Konica Hexar RF auf den Markt. Eine moderne und elektronisch gesteuerte Kamera, die mehr Features bietet, als eine Leica M6 und selbst eine M7 im Detail übertrumpft. Und wo wir schon bei Leica sind: Die Konica Hexar RF verwendet einen Leica M Mount und ist damit voll kompatibel zu allen M39 und Leica M Objektiven.
Features
Bei der Konica Hexar RF muss man einfach mit den Features anfangen, denn sie ist eben keine simple Leica-Kopie, auch wenn viele Dinge an der Kamera wie eine Kopie der M6 wirken.
- KM Konica Mount = Leica M Mount
- elektronischer Lamellen Verschluss, vertikal ablaufend
- 16s bis 1/4000s und B, stufenlos im AE/AEL Modus
- Belichtungskompensation +2/-2 EV
- ISO Manuell oder DX Code
- Motorischer Filmtransport
- Automatisches Rückspulen bei Filmende (manuelle Übersteuerung verfügbar)
- Single Shot und Continuous (ca. 3 Bilder/s) (S/C und OFF)
- elektronisches Bildzählwerk mit LCD Display auf dem Topcover
- Mischbildentfernungsmesser mit 0.6x Vergrößerung
- Rahmenlinien von 28 bis 135mm (gleiches Arrangement wie bei der Leica M6)
- Rahmenlinien werde automatisch durch angeschlossenes Objektiv eingestellt
- Rahmenlinienselektor mittels Hebel unter dem Sucherfenster
- Betrieb mit 2x CR2 Lithium Batterien (ca. 100 Filme pro Batteriesatz)
- Filmfenster in der Rückwand
- Anschluss für Drahtauslöser
Hier ist also einiges dabei, was keine analoge Leica je konnte und was nicht unpraktisch ist.
Nicht so puristisch
Wir blicken auf die Leica und bestärken uns damit, dass wir das Puristische und Entschleunigte in den Vordergrund stellen und bei aller Begeisterung für die Leica M, aber manchmal sind moderne Technologieren doch die Besseren. Was nützt einem das Summilux, wenn man ohne ND Filter keine Chance hat, am Strand ein Bild bei Offenblende zu machen? 1/1000 als schnellste Verschlusszeit ist eben nicht der Weisheit letzte Schluss. Die Konica verwöhnt hier mit einer atemberaubenden 1/4000 Sekunde. Damit lässt sich schon sehr flexibel arbeiten. Aber nicht nur das: Der Verschluss wird durch die TTL Belichtungsmessung gesteuert und erlaubt einen A Modus wahlweise mit oder ohne Lock Funktion. Der Modus, den ich an der digitalen Leica am liebsten verwende und bei der M6 vermisse, ist bei der Konica Hexar RF vorhanden und funktioniert perfekt.
Quick but not dirty
Als geübter Meßsucherfotograf erreicht man mit der Konica Hexar RF eine unglaubliche Geschwindigkeit. Dazu drifte ich einmal kurz etwas ab. Viele sagen ja, dass ein Meßsucher im Besonderen und manueller Fokus im Allgemeinen eine langsame Sache und daher nicht für Sport oder tobende Kinder geeignet ist. Und ja, das mag zutreffen, wenn man mit manuellem Fokus keine Übung hat. Wer den Rangefinder beherrscht der kann darüber nur schmunzeln 😉 Ich habe mit der M schon oft Handballspiele fotografiert und das ging ganz hervorragend und die Bilder am Ende sprechen für sich. Es gibt so ein paar fotografische Grundfertigkeiten und Basiswissen, das ganz lohnenswert ist. Das Zusammenspiel zwischen Blende und Verschlusszeit, Hyperfokaldistanz und Fokusfalle sind einfache Mittel, die mit ausreichend Übung einen aus dem Sumpf der Automatiken ziehen.
Zurück zur Hexar RF
Die Hexar transportiert den Film automatisch und damit entfällt die Zeit für den Tansportvorgang. Die Konica Hexar RF ist so etwas wie eine Point-And-Shoot Rangefinder und wenn man sich mit der Hexar wohl fühlt, versteht man den Sinn des Serienbildmodus. Sie liegt außerdem perfekt in der Hand und hat vorne wie hinten ergonomisch geformte Belederungen, die der relativ schweren Kamera einen guten Grip bescheren. Kombiniert mit Zonenfokus bzw. Hyperfokalfokus und gutem Licht, kann man die 3 Bilder/Sek. bequem durchfeuern. Dazu stellt man einfach F8 ein, dreht die Unendlichmarkierung am Objektiv auf die 8 der Hyperfokalskala und hat alles von 2,5m bis unendlich im Fokus. Das ist übrigens etwas, wo das 7artisans 35mm F2 seine große Stärke hat: Es ist bei F8 brutal scharf und erzeugt keinen wahrnehmbaren Unschärfeverlauf.
AE und AE Lock
Automatiken können schon schön sein – sagt der M6 Fan 😉 Bei der Konica Hexar RF hat man die Wahl zwischen AE (Automatic Exposure) und AEL (Automatic Exposure Lock). Im AE Modus misst die Kamera permanent und berechnet die korrekte Verschlusszeit. Ändert sich das Licht, ändert sich also ständig die Verschlusszeit. Im AEL Modus, wird die berechnete Verschlusszeit bei Halbdrücken des Auslösers eingefroren. Man kann also beliebig verschwenken.
Verschlossen…
… ist der Verschluss die meiste Zeit. Geöffnet ist er entweder manuell von 1/1 bis 1/4000 oder im AE(L) Modus von 16 Sekunden bis 1/4000. Die Blitzsynchronzeit von 1/125 ist erheblich praxistauglicher, als die müde 1/50 der M6. Über 16 Sek. Belichtungszeit, muss man den B Modus bemühen. Trotz des elektronischen Verschlusses und der damit einhergehenden elektronischen Auslösung, hat die Konica Hexar RF seitlich einen Drahtauslöseranschluss eingebaut.
Das war es schon?
Nicht ganz, wem die Features bis hierhin noch nicht reichen, der findet noch eine elektronisches „Vorlaufwerk“, was einen innerhalb von 10 Sekunden bei Bedarf ablichtet und seine Bereitschaft durch eine rote LED an der Vorderseite anzeigt. Dazu noch einen motorischen Filmrücktransport, wenn der Film zu Ende ist, mit der Option diesen manuell auszulösen. Ein Sichtfenster in der Rückwand lässt die Filmpatrone erkennen und ein Satz Batterien reicht für 100 Filme. Was war nochmal die Featureliste einer Leica M6? Richtig: Es ist eine Leica 😉
Hexar RF heute
Die Konica wurde von 1999 bis 2003 gebaut. Das ist aus Sicht des Jahres 2020 noch nicht so lange her, aber eben schon lange genug, um sich die Kamera vor dem Kauf genauer anzusehen. Auch elektronische Verschlusszeiten können nicht mehr stimmen und ggf. ist ein Blick auf die Schaumstoffe in der Rückwand sinnvoll. Der Meßsucher der Kamera wird gerne ein Opfer von Anleitungen im Internet, die seine Justage beschreiben. Wenn ich mir diese Anleitungen ansehe (es gibt dazu ein prominentes Video), dann… das schreibe ich lieber nicht, denn es ist wirklich grober Unfug, der da kolportiert wird.
Die Justage und warum man es zuhause nicht tun sollte
Ähnlich wie bei der Leica, bewegt der Meßsucherarm ein Projektionslinse zwischen Meßsucherprisma und der Rahmenlinienbox. Zur Justage wird die Linse, die in einer exzentrischen Fassung sitzt, gedreht. Dazu benutzt man bitte niemals eine Zange, oder kratzt mit einem Schraubendreher über die Fassung. Man muss auch nicht den Sicherungslack herunter schneiden. Und man braucht auch nicht das Topcover zu entfernen, was ohnehin sinnlos ist, weil man zum Prüfen der Justage das hintere Sucherfenster des Topcovers braucht. Wer unbedingt im Sucher herumstochern will, der benutzt bitte einen 3mm Schraubendreher und setzt diesen in die 1-fache Nut des Linsenhalters. Dann dreht man den Schraubendreher so, dass er in eine der vielen Nuten der Fassung passt und gleichzeitig die 1-fach Nut als Widerlager verwendet. Hat man einen festen Sitz, kann man jetzt den Schraubendreher einfach im Uhrzeiger drehen, um die Vertikale nach Oben zu bewegen und gegen den Uhrzeigersinn, um die Vertikale nach Unten zu bringen. Durch das Drehen der Linse, ändert sich auch die horizontale Einstellung leicht. Merke: Muss man den Schraubendreher mehr als 2x umsetzen, muss auch die Entfernung bei Unendlich und 1m nachjustiert werden. Spätestens jetzt lässt man lieber die Finger davon. Und nochmal: Der Sicherungslack braucht nicht entfernt zu werden. Man muss nur das Handwerk verstehen und anwenden.
Der Meßsucher
Kurz und knapp: Genial! Der Sucher ist wie ein Nachtsichtgerät. Selbst in dunklen Umgebungen mit wenig Kontrast, lässt sich noch etwas im Sucher erkennen und Fokussierung. Die Abgrenzung ist so knackig scharf wie bei einer Leica. Für das Meßsuchererlebnis gibt es eine 1+
Einziger „Nachteil“ ist die 0,6x Vergrößerung. Das ist zwar etwas klein, aber dafür kann man den Sucher ab 21mm Brennweite verwenden.
Eine Empfehlung?
Unbedingt ja! Die Konica Hexar RF ist eigentlich die beste Meßsucherkamera der Moderne und fristet ihr Schattendasein neben der Leica zu unrecht. Wem es wirklich nur um das Fotografieren mit M-Linsen geht, der hat mit der Hexar RF die perfekte Begleiterin. Für Manchen könnte die Suchervergrößerung ein Problem sein, doch für alle Weitwinkel-Shooter mit Brille ist die Konica die Offenbarung, da die 28mm Linien selbst mit Brille zu erkennen sind und wenn man die ganzen Sucher benutzt ergibt sich der 21mm Bildwinkel.
Das obligatorische Spiegelselfie mit der Konica Hexar RF auf Alford FP4+ bei 250 ASA. Entwickelt mit XTOL 1+1 und dann gescannt mit dem Werkstattscanner.
Andreas Wolff 28. Februar 2020
Hallo und dake für die Tollen Reviews.
Ich habe unter anderem auch eine Hexar RF und denke ist ist wirklich eine der besten analogen RF Kameras für die LTM / M Objektive.
Grüße
Andreas
Florian Bauer 10. Januar 2021
Ich habe sie auch und sie ist meine erste Wahl für Familienausflüge und alles, wo es schnell gehen muss und die Kamera nicht zu groß sein darf. Super Ding, vor allem mit der Auswahl der Optiken!!!
Nun hat mir ein Freund seine Bessa R2A angeboten. Daran gefällt mir, dass sie auch modern ist und das Filmtransportgeräusch finde ich an der Hexar RF bei Street oft störend laut. Die Bessa R2A wäre leider. Aber ich müsste meine Hexar RF dafür hergeben. Ich weiß noch nicht, wie ich mich entscheide.
Günter Flatschacher 1. Januar 2023
Ich hab erst vor kurzem eine gekauft, ohne Objektiv. Als Objektiv dann ein voigtländer 40mm. Tolle Kombi. Einzig das laden des Filmes nervt. Bis das richtig greift, muss ich oft 3 bis viermal den Film richten. Lg
Dominique 1. November 2023
meinen herzlichen Glückwunsch zu der HEXAR, ein wirklich in Charme getauchtes Stück Kameratechnik.
Die Einfädelproblematik kenne ich jetzt nicht, wenn der Film am Ende gebogen ist, kann es sein, als der er im Schließvorgang der Rückwand sich nicht korrekt auf die Markierung legt und die Transportrolle keine Perforation greifen kann (?).
Freue mich sehr, Sie auch im Besitz der RF zu wissen und daher, viel Freude und allzeit gute Bilder wünscht Dominique
Dominique 1. November 2023
Ein sehr schöner Beitrag, besten Dank dafür. Ich bin im Besitz der RF, als jahrelanger Messsucher Fan sehnte ich mich zu dieser nach meiner Verabschiedung von M6/M7/MP zurück. Ein renommierter Händler hatte eine Sammler RF, jenes bekannte Set aus Gehäuse, Objektiv und Blitz im Angebot-NEU. Mit Umtauschrecht erwarb ich diese Konica und ich bin begeistert. Auch das originale Half Ledercase konnte ich erwerben. Jetzt bleibt nur der Wunsch, als das die Elektronik ihren Dienst tut, denn nach meinen Informationen gibt es Fehlercodes, die aus der HEXAR eine tote Ente machen (?).
Ich bereue nicht, dass ich keine Leica zum Wiedereinstieg gewählt habe, die Hexar ist seitens der Ausstattung, des Designs und der Handlage eine traumhafte Begleiterin.
Das KONICA 50mm, ein Summarit 2,4/35 und das Summarit 2,5/90mm funktionieren klaglos. Beste Grüße in das HEXAR RF Lager.
Herbert 17. Mai 2024
Vielen Dank für den gelungenen Bericht über die Kamera.
Hat mich sehr gefreut beim lesen.
Danke