Es ist 1982, die Bundesrepublik Deutschland besteht noch aus 11 Bundesländern und der kleine Matz (13 Jahre alt) spart über Monate sein Taschengeld und verkauft alle Legosteine (ist ja Kinderkram). Das Ziel: Die erste Bassgitarre. Eine Italienerin mit dem Namen Melody Vintage 5000. Eine Precisionbasskopie für 300,- Deutsche Mark. 4,9 Kilo Instrument, geschundene Finger und tieffrequenter Lärm plagen fort an Jungbassist wie Familie gleichermaßen. 3 Jahre später wird es zeit für ein leichteres und besseres Instrument und somit musste Melody im Jahr 1985 wieder gehen. Ja, ich brauchte das Geld dringend für den Ibanez RB760.
Aus dem Sinn
Seit 1985 sind nunmehr 39 Jahre vergangen, in denen ich nicht mehr oft an meinen ersten Bass gedacht habe. Ich habe es zwar (viel) später irgendwie bereut, die gute Melody verkauft zu haben, denn der erste Bass ist einfach etwas ganz Besonders, aber nun ist es zu spät. Aus den Augen, aus dem Sinn.
Das Wunder
Anfang August 2024: Eine E-Mail erreicht mich von „North“. Ein cooler Typ – den ich bis dahin aber noch nicht kannte – aus Oldenburg, der mir in der Mail schreibt, dass er einen Melody Vintage 5000 Bass hätte, auf dessen Neckplate „M Binder“ eingraviert ist. Ich bin perplex. Mir fällt sofort die schwarze Melody ein, bei der ich mit einem Dorn meinen Namen in die Halsplatte geritzt hatte. Damals vor 42 Jahren!!! In der nächsten Mail schickt mir North 2 Fotos und mir bleibt die Luft weg: Das ist mein erster Bass! Melody lebt noch und es geht ihr… leider nicht so gut. Wenige Tage später ist der Deal gemacht und Melody ist nach 39 Jahren in der Fremde wieder bei mir!
Wiedervereinigung
Deutschland hat schon lange 16 Bundesländer. Es gibt Dinge, die gehören einfach zusammen. Und es ist wie in einem Märchen, dass ich heute sagen kann, dass ich meinen ersten Bass (noch) wieder besitze. Meine Wiedervereinigung.
Halsschmerzen
Bei unserem späten Wiedersehen war leider schon von weitem klar: Der Hals ist mächtig durchgebogen. Ungefähr so, als wäre kein Gegenzug mehr vorhanden. Unglücklicherweise bestätigte sich das auch, denn beim ersten Einstellversuch passierte erst einmal gar nichts. Es fühlte sich zwar an wie ein Widerstand beim Drehen, aber auf den zweiten Blick stellte sich heraus: Der Halsstab ist gebrochen. Das tut weh. Ok, die Melody war damals kein wertvolles Instrument und heute in dem Zustand ist sie allenfalls ein Dekoobjekt, aber mein erster Bass ist für mich etwas ganz Besonderes.
Stromgitarren
Ich habe also vom Wahnsinn gebeutelt einen Termin bei Lino Gozzi von https://strom-gitarren.de/ ausgemacht und ihm das Drama gezeigt. „Häng ihn Dir lieber an die Wand“, meinte Lino und versuchte ziemlich erfolglos mir die Reparatur auszureden. Ich kann ihn verstehen. Da kommt einer daher, der bei einer alten Precisionbasskopie eine Reparatur des Halsstabes möchte, ohne den Hals des Instruments zu verändern. Es soll alles schön Original bleiben. „Ich tue es für Deine Seele“, waren seine warmen Worte und damit verbrachte Melody erst einmal 6 Wochen in Linos Klinik.
Zweites Erstes echtes Anspielen
Nach ziemlich genau 6 Wochen, kam die freudige Nachricht von Lino: Der Bass ist soweit fertig. Und was hat der gute Lino für ein Wunder vollbracht. Der Hals ist perfekt gerade mit einer traumhaften Bespielbarkeit. Sowas gibt es eben nur vom Gitarrenbauer. Der Hals hat einen neuen Halsstab bekommen, wobei der alte Skunkstripe ausgefräst und ein neuer einbaut wurde. Ab jetzt Doubleaction mit Einstellung am Halsfuß. Die Halstasche war im Original zu tief ausgefräst. Auch das hat Lino professionell aufgefüttert und lackiert. Es ist der blanke Wahnsinn. Vor 42 Jahren war das Instrument längst nicht so gut wie heute. Die Finger flutschen wie von alleine über die Mensur und das nahezu ohne Anstrengung. So muss ein Instrument funktionieren. Das geniale an Linos Reparatur: Der Hals sieht noch original aus und das Griffbrett wurde nicht angerührt. Ich wollte ja schließlich die Patina der 42 Jahre erhalten.
Sound Beispiel – nach der Reparatur
Wieder zu Hause
Einen Tag später waren die Restarbeiten erledigt und ich konnte den nun endlich bespielbaren Bass nach Hause holen. Es ist ein absurd komisch schönes Gefühl, seinen ersten Bass nach 39 Jahren wieder zu Hause zu haben; ihn jederzeit wieder spielen zu können. Es ist witzig, was einem plötzlich wieder einfällt: In meinem ersten Lehrbuch war eine einfache Fingerübung auf Basis einer kleinen Pentatonik. Kaum saß ich mit dem Bass in der Hand auf meinem Klavierhocker, war diese Übung wieder im Kopf. Zeitreise: 42 Jahre zurück in die Vergangenheit. Nach 2 Durchläufen dieser ziemlich banalen Übung, dachte ich mir dann doch, dass ich Melody mal zeigen muss, was in den letzten 39 Jahren seit unserer Trennung passiert ist. Es fühlt sich alles so an wie damals und doch funktioniert der Bass zum ersten mal so, wie ein Bass im besten Fall funktionieren sollte.
Voila: Meldody Vintage 5000
Ja, es ist ein Precision Bass. Ganz klassisch in schwarz mit weissem Pickguard. Solche Bässe gibt es wie Sand am Meer, aber dieser hier ist einzigartig. Zum einen, weil es eben mein erster Bass ist und weil er dank https://strom-gitarren.de/ ein perfekt spielbares Instrument geworden ist. Der Body ist leider sehr schwer. Fast 5 Kg (4,89 um genau zu sein) bringt der komplette Bass auf die Waage. Das ist schon etwas viel, bedenkt man, dass mein leichtester Jazz Bass gerade mal 3,8 Kg wiegt. Selbst mein 5-Saiter wiegt nur 4,3 Kg. Dafür hat der Melody 5000 ein ausgeglichenes Sustain. Der Sound ist sofort als Precisionbass zu erkennen. Witzig übrigens, dass die damals Anfang der 1980er Jahre das Instrument als Vintage bezeichnet haben. Ist das jetzt Vintage-Vintage?
Spielen
Bei einem Instrument von der Stange, würde ich jetzt etwas zu Bespielbarkeit und Handling sagen und Vergleiche anstellen. Bei einem Instrument vom Instrumentenbauer ist das etwas anderes. Kein Jazz oder Precision Bass, den ich je als neues Instrument in den Händen hatte, lies sich Out-Of-The-Box so bespielen, wie der Melody 5000. Klar: Damals, als der Melody Bass neu war, war er eine schlimme Gurke. Jetzt ist es ein ordentliches Instrument und man sieht daran, wie wertvoll die Arbeit des Gitarrenbauers ist.
Melody Guitars
Viel ist über die Firma nicht mehr bekannt. Am Ende des Artikels ist eine kurze Zusammenfassung (Quelle: Melody – Fetishguitars.com). Günstige Instrumente aus Italien und 1988 war für Melody Guitars schluß. Im Netz findet man ein paar Informationen zu Melody Guitars. Hochwertige Instrumente sehen jedenfalls anders aus. Rechnet man die Kosten des Instrumentenbauers zum Anschaffungspreis dazu, dann wäre es nie eine gute Idee gewesen, so einen Bass zu kaufen. Aber: Damals konnte ich mir nicht mehr als die 300 DM leisten, die ich für Melody bezahlt habe. Für 1982 war das sehr viel Geld für einen 13-Jährigen.
In Zukunft
Logisch: Den Bass werde ich nicht mehr hergeben und ja: Ich werde ihn ganz normal und live spielen. Auch wenn ich wenig Lust auf 5 Kg Gewicht am Körper habe. Da der Bass es nach 39 Jahren Abwesenheit geschafft hat, wieder zur mir zurück zu finden, hat er es verdient richtig gespielt zu werden.
Danke
An dieser Stelle will ich mich nochmal ganz herzlich bei „North“ bedanken. Das ist der coole Bassist, der mich aus heiterem Himmel angeschrieben hatte, um zu fragen, ob dieser Melody Bass mit der Gravur „M.Binder“ eventuell meiner ist. Ohne seine Initiative könnte ich meinen ersten Bass heute nicht in den Händen halten. Daher ein riesiges Dankeschön an „North“. Folgt ihm auf seinem Insta-Account unter: https://www.instagram.com/lieselektro – Du bist der Beste, Bro!
Und dann nochmal einen riesigen Dank an Lino Gozzi von strom-guitarren.de für die perfekte Arbeit.
Feeling
Das hat jetzt nichts mehr mit dem Melody Bass per se zu tun, denn ganz ehrlich: Als Instrument von der Stange hat das Ding im Neuzustand nichts getaugt. Wenn Du hier gelandet bist, weil Du überlegst einen gebrauchten Melody 5000 zu kaufen, lass es sein. Das waren damals Billigdinger.
Aber zurück zum Feeling. Der erste Bass auf der einen Seite und die grandiose Bespielbarkeit dank des Gitarrenbauers auf der anderen Seite, erzeugen ein ganz intensives Feeling. Mühelos lassen sich alle Noten der Mensur korrekt intonieren, der Hals schwingt frei und erzeugt eine wundervolle Resonanz. Schon unverstärkt klingt das ganze unglaublich gut. Die alten Pickups… naja; es kommt Sound heraus. So richtig überzeugend sind die Dinger wirklich nicht. Über das Sounddesign des Zoom B6 lässt sich aber ein wundervoller Preci-Sound erzeugen. Daher – und weil der Meldody 5000 möglichst Original bleiben soll – darf die alte Elektronik (fast) bleiben. Nach all den Jahren (39 genau) wieder dieses Instrument spielen zu können, ist unbeschreiblich schön.
Wenn Melody reden könnte
Der Zustand des Pickguards und der Bünde sprechen eine klare Sprache: Melody wurde in den 39 Jahren ihrer Abwesenheit nicht viel gespielt und mit dem gebrochen Halsstab wohl eher gar nicht. 3 Finger passten am 12. Bund zwischen Griffbrett und Saiten – das geht einfach nicht. Ich weiß noch, dass ich Melody damals an einen gleichaltrigen Anfänger verkauft habe. North hat das Instrument vor einigen Jahren in einer Kleingartenkolonie gekauft. Ich denke das Melody ziemlich sauer war, dass ich sie damals nicht gleich zum Gitarrenbauer gebracht habe und sie freut sich ganz bestimmt darüber, dass sie jetzt endlich ein richtiger Bass sein kann.
Technisches zum diesem Melody Vintage 5000
- Precision Bass Typ mit exakten Fender Maßen
- MDF Korpus im Kern
- 34″ Mensur mit 20 Bünden
- Ahorn Hals mit Palisander Griffbrett
- 4 Offene Fullsize Mechaniken
- „Blechwinkel“ Brücke mit einzelnen Saitenreitern
- Noname P-Bass Pickups mit 13 kOhm – Niedriger Output
- Volume und Tone Potis mit 6,3mm Monobuchse
- Gewicht: 4,89 Kg
- Gebaut gemäß Markierung in der Halstasche: SEP.1981
Soundcharactersitik (der originalen Pickups)
- erkennbarer P-Bass Sound
- Prägnante Mitten und Höhen
- weniger ausgeprägtes Lowend
- niedriger Pegel
- wenig definiert
- guter Slapsound
- mässiger Jazzsound
MDF Korpus
Der Korpus der Melody ist nicht aus echtem Holz, sondern aus MDF, also Mitteldichter Faser. Der Klang ist irgendwie eine subjektive Sache. Ich besitze noch einen Precision Bass mit Pappelkorpus. Dessen Sound ist eher dünn und nicht voll, wie bei der Melody. Die Pappel hat ein Sustain auf der E-Saite von 36 Sekunden. Das MDF kommt auf 41 Sekunden und zum Vergleich kommt mein Erle Jazz Bass auf 55 Sekunden. das MDF hat also verblüffenderweise eine recht ordentliche Resonanz.
Update 10/2024
Da sich der Melody Vintage 5000 nach einigem Finetuning nun mehr als nur perfekt spielen lässt und unverstärkt einfach unverschämt gut klingt, ist er reif für die Bühne und für das Studio. Es folgt also: Der Umbau auf neue Elektronik und Pickups. Dazu gibt es endlich mal eine wirksame Abschirmung gegen Brummschleifen und Interferenzen.
So schön die Originalen Teile sein mögen… Es ist Zeit für Neues.
Raus mit den alten Pickups…
… und raus mit der alten Elektronik. Die Potis waren nicht mehr zu gebrauchen.
Einbau einer Abschirmung aus Kupferfolie.
Neue Fender Pickups (Standard P-Bass)
Zusammen mit der Richter VT Elektronik brummt und rauscht hier absolut nichts mehr.
Über Melody Guitars
Das Unternehmen Melody wurde 1961 in Potenza Picena gegründet. Gründungsmitglieder waren: Stellio Pescetti, Herr Gerio (ehemaliger Buchhalter der Firma Marinucci), Giuliano Gurini (früher bei Marinucci), Fernando Piatti (früher bei La Clavietta, einer Tochtergesellschaft von Marinucci) und Herr Branko Kapitanovec, ein jugoslawischer Staatsbürger, der aus Eko stammte (was uns an die Beziehung erinnert, die der Gründer von Eko, Oliviero Pigini, in den 50er Jahren mit dem slowenischen Hersteller Melodija Mengeš hatte). Insgesamt ein sehr erfahrenes Team im Gitarrenbau.
Die Melodiegitarren aus der ersten Hälfte der Sechziger hatten größtenteils die gleiche Hardware, Elektronik und das gleiche Design wie die frühen Crucianelli-, Welson- und vor allem Bartolini / Gemelli-E-Gitarren, außer dass sie nie einen Null-Bund hatten – was das Richtige war. Es gab sehr kompetente Leute in der Firma. Melody führte bereits 1963 ein Halsverstellsystem ein, das genau wie der sieben Jahre später von Fender patentierte „Micro Tilt Neck“ war!
In den Jahren 1964-65 trat ein mächtiger Anteilseigner in das Unternehmen ein, Oliviero Pigini und seine Eko-Gruppe, die auf der Suche nach zusätzlichen Produktionskapazitäten waren. Herr Branko trat zurück. Melody wurde praktisch zu einer Eko-Tochtergesellschaft. Melody-Instrumente wurden mit einem Eko-Logo versehen, dann stellte das Unternehmen praktisch nur noch Eko-Produkte her. Ab 1969 wurde der Name Melody sporadisch als Untermarke von Eko wiederbelebt, um die Bestände an unverkauften Instrumenten zu liquidieren.
Schließlich zog sich Eko 1972 aus dem Gesellschaftskapital zurück. Wieder unabhängig, widmete sich Melody der Entwicklung eigener Modelle, hauptsächlich flacher Akustikgitarren, die einen sehr starken und sehr logischen Einfluss von Eko zeigen. Dann entwickelte sich die Elektrik immer mehr in Richtung perfekter Kopien von Gibson- und Fender-Modellen, so wie es Gherson zur gleichen Zeit tat.
Ironischerweise hat Melody es geschafft, länger zu überleben als seine Ex-Muttergesellschaft Eko. Nach dem Niedergang von Eko im Jahr 1983 wechselte der Produktionsleiter Remo Serrangeli zu Melody, das bis 1988 in Betrieb blieb. Wäre da nicht die lange Lücke von 1964 bis 1972, könnte man sagen, dass Melody in der Neuzeit der am längsten existierende Gitarrenbaubetrieb Italiens war.
Automatisch Übersetzt AUS: Melody – Fetishguitars.com
Nick 9. Oktober 2024
I got one of these at a flea market recently. Neck is pretty straight but I can’t get the action down. Bridge is on lowest. Read this using google translator and maybe didn’t get everything right. Did you do anything to the neck pocket?
thx for helping me out.
Nick
Matz 9. Oktober 2024 — Autor der Seiten
Nick,
my luthier found the neck pocket to be routed too deep into the body. He added 6mm of wood to the bottom of the neck pocket.
Cheers, Matz
Nick 11. Oktober 2024
6 mil’s crazy but makes sense.
thx man, appreciate it
Nick