Lichtgriff

Messsucher Fotografie, Elektrisches und Bass

Yashica Mat-124 G

Es gibt zwei Arten von Kameras, die mich ganz besonders in ihren Bann ziehen: Meßsucher und TLRs. TLR ist die Abkürzung für Twin Lens Reflex, also Spiegelreflexkamera mit 2 Objektiven. Die Yashica Mat-124 G ist Yashicas letzte TLR Baureihe und wurde von 1970 bis 1986 produziert.

Die Fakten

  • Yashinon 80mm 1:3,5 – 4 Linsen in 3 Gruppen
  • Copal SV mit Verschlusszeiten von 1/1 bis 1/500 und B
  • X und M Blitzsychronisation
  • Syncbuchse
  • Vorlaufwerk ca. 10 Sek.
  • Auslösesperre
  • Sucherobjektiv 80mm 1:2,8
  • Entfernungseinstellung 1m bis Unendlich
  • Lichtschacht-Sucher mit Mattscheibe und Fesnellinse
  • Filmtransport wie bei der Rolleiflex mit Transportkurbel, die Transport und Verschlussaufzug kombiniert
  • Bildnummernzähler bis 12 oder 24
  • Filmtyp 120 oder 220, umschaltbar durch Verschieben der Andruckplatte
  • CdS Belichtungsmesser mit ASA Vorwahl und Stellnadel
  • Betrieb mit Varta V625U durch Justage möglich
  • Drahtauslöseranschluss
  • Zubehörschuh seitlich
  • Gewicht: 1100 Gramm

Übersicht

Die Yashica Mat-124 G hat unverkennbar starke Ähnlichkeit mit der Rolleiflex T und der Rolleicord V. Genau wie diese beiden Rollei Kameras, verwendet sie das Bay 1 Bajonett an den Objektiven und ist daher voll kompatibel zum Rollei Zubehörprogramm, also insbesondere den Filtern und den Rolleinaren (Makro-Vorsatzlinsen). In der Funktionsweise ist sie mit der Rolleiflex T identisch. Getreu dem Motto: Kann die Kurbel gedreht werden, so muß sie gedreht werden erfolgt der Transport und das Spannen des Verschlusses mit einer Kurbelbewegung (vor und zurück). Alle Bedienelemente sind da, wo man sie erwartet und wo sie auch beim Vorbild aus Braunschweig angebracht sind.

Yashica Mat-124G Seite
Alte Rollei Weisheit: Kann die Kurbel gedreht werden, so muß sie gedreht werden

Der Lichtschachtsucher

In Demutshaltung blicken wir von Oben in den Schacht auf die Mattscheibe. Durch die Größe von fast 6×6 Zentimetern, ist das spiegelverkehrte Bild sehr gut zu erkennen und für den Fall, dass man mehr Details zum Fokussieren braucht, lässt sich eine Lupe mit +3 Dioptrien ausklappen. Leider hat die Yashica standardmässig keinen Schnittbildindikator – ganz wie bei der Rolleicord, doch wer etwas sucht, findet durchaus Angebote für Nachbau-Mattscheiben. Durch das Aufklappen des Lichtschachtes, wird der Belichtungsmesser eingeschaltet, der aber nur von aussen ablesbar ist. Dennoch ist er ein willkommenes Hilfsmittel und funktioniert hervorragend.

Yashica Mat-124G Lichtschacht
Blick in den Schacht…

Einsteig in das Mittelformat

Die Yashica Mat-124 G ist nach wie vor der beste Einsteig in das analoge Mittelformat. Die Kamera ist vergleichsweise günstig zu bekommen und bietet dafür viele nützliche Features – besonders eben den Belichtungsmesser. Eine vergleichbare Rolleiflex kostet ein Vielfaches und macht nicht zwingend die sehr viel besseren Bilder. Natürlich sind bestimmte Rolleiflex Linsen legendär, aber die Yashica kann in Schärfe und Kontrast mehr als nur gut mithalten. Ich persönlich kann keinen Qualitätsunterschied zu meiner Rolleiflex T und Rolleicord Vb (beide mit dem 3.5er Objektiv) feststellen. Es gibt zwar auch noch weitaus günstigere Optionen, wenn man 120er Film belichten möchte, aber dann muß man auf antikes Equipment mit zweifelhaftem Nutzwert zurückgreifen. Die Yashica Mat-124 G hingegen ist eine volltaugliche und recht moderne Kamera, mit der sich herausragende Bilder anfertigen lassen.

Yashica Mat-124G Filmfach
120 oder 220, also 12 oder 24 Aufnahmen im Format 6x6cm

Handling

Die Yashica liegt gut in der Hand und lässt sich problemlos bedienen. Der Auslöseknopf hat einen relativ langen Weg und liegt nicht ganz so ergonomisch positioniert. Die Drehräder für Verschluss und Blende sind angenehm groß, leichtgängig und die Werte sind von oben am Sucherobjektiv hervorragend abzulesen. Das Gewicht von 1,1 Kg geht für eine Kamera in dieser Größe vollkommen in Ordnung. Die Kamera ist deutlich besser balanciert, als die Rolleiflex und bleibt ohne Kippeln zu wollen auch auf weichem Untergrund alleine stehen.

Der Mythos der Fehlkonstruktion

Wir lieben das Internet für seine grenzenlosen und unerschöpflichen Imformationen und wenn irgendwann mal jemand schreibt, der Blitzmodus M der Yashica Mat 124 G sei eine Fehlkonstruktion, dann muss das nicht stimmen. Worum es geht? Ist der Blitzmodus M geschaltet, darf man den Selbstauslöser nicht benutzen, weil er sonst zerstört wird. Richtig daran ist, dass er wirklich beschädigt werden würde, wenn man ihn im M Modus überhaupt aufziehen könnte. Jeder Copal MXV bewegt einen Sperrhebel vor den Selbstauslöser, wenn auf M geschaltet wird. Jeder. Wirklich jeder – und das schreibe ich nach unzähligen Copal Verschlüssen, die ich schon repariert habe. Auch bei der Yashica Mat 124 G bewegt sich eine solide Sperre vor den Hebel des Vorlaufwerkes. Wer kräftig genug ist reißt den Hebel dann aber eher ab. Sollte die Sperre nicht hochfahren, liegt ein Defekt vor, aber keine Fehlkonstruktion.

Yashica Mat-124G Belichtungsmesser
Belichtungsmesser der Yashica Mat 124 G

Belichtungsmessung

Damit man beim Belichten nicht im Dunklen tappt, bietet die Yashica einen eingebauten Belichtungsmesser. Es ist ein klassisches Design mit einer Stromquelle, Lichtempfindlichen Widerstand und Galvanometer für die Anzeige. Ausgelegt ist die Schaltung für 1,3V Quecksilber Batterien. Durch 2 variable Widerstände lässt sich die Schaltung aber perfekt an moderne Varta V625U anpassen. Die Messcharakteristik ist relativ breit und so beißt sich die Messung gerne an hellen Bereichen fest. In dunklen Umgebungen macht die Messung keine wirklich gute Figur. Unter 8 EV ist die Messung im Prinzip unbrauchbar. Man kann das zwar durch Justage verbessern, doch büßt man dann die Linearität der Messung ein.

Bildqualität

In dieser Disziplin ist die Yashica TLR ohne Fehl und Tadel. Die Bilder sind scharf und Kontrastreich. Eine Sonnenblende ist allerdings dringend zu empfehlen.

Yashica Mat-124G Sonnenblende
Obligatorisch: Sonnenblende für das Aufnahmeobjektiv

Gebrauchtkauf

Es gibt ein paar Dinge, die es zu beachten gilt. Da wären zuerst die Schaumstoffe in der Kamera. Das Material hat sich i.d.R. in den Jahren aufgelöst und muss ersetzt werden. Leider hat die Yashica ohne die Schaumstoffe durchaus Probleme mit Lichteinfall.

Die Mechanik läuft irgendwann trocken und es gibt 2 Hebel im Filmtransport, die den Transport blockieren, wenn sie sich nicht mehr frei bewegen können. Das Problem ist einfach zu lösen, aber ärgerlich.

Sucherlinse und Umlenkspiegel verschmutzen stark, was sich erheblich auf das Sucherbild auswirkt und ebenso sammelt sich gerne Staub zwischen Fesnellinse und Mattscheibe.

Man sollte daher einen CLA für die Neuerwerbung einplanen. Bei der Yashica Mat 124 G ist das keine große Sache, da die Kamera sehr wartungsfreundlich ist.

Empfehlung

Die Yashica ist der perfekte Einstieg ins Mittelformat und eine ästhetische Kamera. Wer 6×6 belichten möchte und 2-äugige Spiegelreflex Kameras mag, ist bei der Yashica Mat 124 G genau richtig.

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15 Kommentare

  1. Dirk Enke 27. März 2020

    Der Artikel mit seiner guten Bewertung freut mich; ganz besonders deshalb, da er sich mit meinen positiven Erfahrungen mit der Kamera deckt. Wirklich verblüffend gute Bildergebnisse erreicht man mit dem Kodak Ektar 100. Im Vergleich zu anderen Mittelformat-Kameras des Preissegments erhält man mit der Yashica Mat 124 G ein wirklich brauchbares Gerät. Und ja, Sunny Sixteen funktioniert, aber mit dem eingebauten Belichtungsmesser geht es gerade unter alltäglichen und nicht zu komplexen Lichtverhältnissen einfach schneller. Gut zu wissen, dass ein Umbau auf V625U problemlos möglich ist.

  2. Rainer Michel 9. Dezember 2020

    Hallo Matz,
    Seit ich deine Seite lese, bin ich nur noch am Kameras kaufen.
    Ich könnte eine Yashica Mat 124 fuer 50€ bekommen bei der der Auslöser blockiert ist. Hast du dazu eine Meinung?
    Wie immer vielen Dank
    Rainer

    • Matz 9. Dezember 2020 — Autor der Seiten

      Hallo Rainer,
      meistens ist der blockierte Auslöser das simple Ergebnis von verklebten alten Schmiermitteln. Aus der Ferne aber schwer zu beurteilen.
      Gruss, Matz

  3. Rainer Michel 11. Dezember 2020

    Hallo Matz,

    Habe noch eine weitere Frage.
    Die Yashica hat wohl noch das Problem, dass die Entfernungseinstellung nicht funktioniert. Es soll ein Teil fehlen. Gibt es noch Teile, oder sollte ich besser die Finger davonlassen.,

    • Matz 11. Dezember 2020 — Autor der Seiten

      Hallo Rainer,
      wenn was fehlt und die Fokussierung nicht läuft, würde ich lieber zu einer anderen raten. Teile gibt es nicht mehr, wobei man aber fast alles neuanfertigen oder 3D-drucken kann. Wird dann nur ggf. ein teurer Spass 😉

      Gruß, Matz

  4. Rainer Michel 11. Dezember 2020

    Vielen Dank !

  5. fotoralf.be 17. Februar 2021

    Gute Beschreibung einer Kamera, mit der ich damals gern fotografiert habe. Ich habe gerade eine Fuhre Filme gescannt, die ich Mitte der 90er Jahre damit belichtet habe und bin immer wieder erstaunt von der Schärfe und Qualität der Aufnahmen.

  6. Jochen Busch 27. Juni 2021

    Eine hervorragende Kamera wenn da nicht die extreme Streulichtempfindlichkeit wäre. So schlimm sind ja nicht mal die unvergüteten Falter. Auch mit der Geli kann man praktisch nicht mehr anständig fotografieren, wenn das Licht lediglich von der Seite kommt.

  7. Joachim Bochberg 20. Juli 2021

    Ich habe mir die Kamera 1978 vom ersten Praktikum als Zweitkamera gegönnt und hatte sie jetzt wieder mit auf einer Reise. Gut, sie ist in all den Jahren nicht viel benutzt worden, dafür aber durchaus viel herum gekommen. Ich habe bis jetzt keinerlei mechanische Probleme gehabt und auch keine elektrischen (mit dem Belichtungsmesser).

    Heute ist die Kamera ein echter eyecatcher. Vor allem junge Leute fragen neugierig danach, was das ist und wie es funktioniert – sogar in Fotogeschäften.

    Und was man eigentlich gar nicht schreiben darf: es ist immer noch die erste Batterie drin!

  8. Jan Langehein 16. August 2021

    Kann diese Rezension nur unterstreichen: Ich habe Ende der Nullerjahre eine gut gepflegte 124 G im Netz ersteigert (für heute traumhafte 100 Euro), und sie ist bis heute meine liebste Mittelformatkamera (inzwischen habe ich auch eine Mamiya 645, aber die kommt deutlich seltener zum Einsatz). Die Mechanik funktioniert tadellos; der Belichtungsmesser auch; nur die Lichtdichtungen habe ich ersetzt, weil sich die alten, wie im Text beschrieben, aufgelöst hatten.

    Ich nutze die Kamera meistens für Architektur-Fotografie und dann mit einem Kugelkopf-Stativ – das gibt mir genug Ruhe und Flexibilität, um das Bild einzurichten. Aus der Hand finde ich die spiegelverkehrte Mattscheibe bis heute irritierend. Ein Drahtauslöser ist – je nach Belichtungszeit – ebenfalls zu empfehlen.

    Systembedingt bedarf es einiger Übung, mit einer Nahlinse zu arbeiten. Bei Fernaufnahmen fällt die Parallaxenverschiebung zwischen den beiden Objektiven kaum ins Gewicht. Wenn man aber eine Blume aus 20 cm Entfernung fotografiert, kann es passieren, dass die auf der Mattscheibe perfekt positionierte Blüte am Ende gar nicht im Bild ist. Lehrgeld…

  9. Wolfgang Förster 29. Januar 2022

    Hallo Matz,
    da bin ich auf deiner Seite gelandet und freue mich über dein tolles Urteil über “meine” Yashica Mat 124. Seit über 40 Jahren ungenutzt lag sie in einem Karton im Schlafzimmerschrank. Beim Umzug ist sie mir wieder in die Hände gefallen. Leider bin ich inzwischen, genau so wie die Camera gealtert, dass ich seit Jahren nicht mehr fotogarfiere. Nur noch ein bischen mit dem Handy rumknipse. Eigentlich schade. Fotografieren war meine Leidenschaft.
    Jetz will ich meine Fotoapparate – analoge – und einige wenige digitale altersbedingt abgeben.
    Was räts du mir zu meiner Yashica Mat 124 ?
    Sie scheint noch, außer dem Belichtungsmesser (neue Batterie ?) zu funktionieren.

    • Benedikt Schöningh 10. Februar 2022

      Hallo Wolfgang,
      hast Du Deine Yashica Mat 124 bereits verkauft? Welche anderen analogen Kameras möchtest Du verkaufen? Was sind Deine Preisvorstellungen?
      Auf den Fall habe ich Interesse an einem Kauf.

      Gruß Benedikt

  10. Helmut Klein 29. Mai 2022

    Nach meiner Erfahrung ist es mit der Yashica-Mat angenehmer zu arbeiten, als mit der Rolleiflex-T. Besser als die Yashica-Mat waren nur die sündteuren F Modelle von Rollei. Ich habe mit einer Yashica-Mat von 1969 bis 1980 täglich gearbeitet, ohne jemals Probleme damit zu haben. Auch an der Bildqualität gab es nichts auszusetzen. Das vierlinsige Yashinon war dem Zeiss-Tessar mindestens ebenbürtig.

  11. Markus der Mäusegaukler 14. September 2022

    Ich habe von meinem Großvater eine solche Kamera geerbt, sie scheint auch soweit ich das beurteilen kann zu funktionieren. Allerdings weiß ich nicht von wann diese Kamera genau ist.
    Gibt es eine Möglichkeit dies herauszufinden?
    Ich habe 2 Nummern gefunden, eine auf dem Sucher (der Teil welcher nach Oben geklappt wird) 206927 und eine weitere auf dem Aufkleber oben Links neben dem Belichtungszeiger da steht JCII 47 JMDC
    Vielleicht hat ja jemand noch eine Idee wo eine Nummer oder ein Baujahr stehen könnte

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