Kleine, leichte und kompakte Meßsucherkameras wie die King Regula Cita kennt man eigentlich erst ab den Siebzigern. Davor waren diese Kameras groß und schwer und absolut keine kompakten Reisebeleiter. Dennoch gab es das eine oder andere Modell, was sehr taschenfreundlich daherkam. Ein Manko der frühen Kompaktkameras war jedoch die i.d.R. fehlende Möglichkeit der Fokuskontrolle. Meistens war man vom Zonenfokus abhängig und flüchtete sich in hohe Blenden und Raterei, um Schärfe ins Bild zu bekommen.
Eine Ausnahme von dieser Regel, ist die King Regula Cita, die Anfang der Fünfziger in Bad Liebenzell im Schwarzwald hergestellt wurde. Die Kamera ist wenig bekannt aber beachtenswert. Bei meinem Exemplar handelt es sich um ein Familienerbstück und befindet sich seit ihrem Kauf in unserem Besitz. Viele Jahre lag die Kamera defekt in einem Karton und fiel mir vor Kurzem in die Hände. Ich musste sie also einfach reparieren.
Die Fakten:
- Steinheil CassarS 45mm 1:2.8
- Kleinste Blende f16, stufenlos
- Verschlusszeit 1 Sek. bis 1/300 Sek. Deutsche Skala und B, stufenlos (Prontor SVS)
- Synchronbuchse für X und M
- Vorlaufwerk (V) ca. 10 Sekunden
- Gekuppelter Meßsucher
- Filmtransport mit Doppelbelichtungssperre
- Einfach Aufzug
- Bildzählwerk
- DIN Merkscheibe
- Auslösesperre
- Vollständig mechanische Kamera ohne Belichtungsmessung
Mit 10 gebogenen Blendenlamellen, formt die Cita eine schöne runde Öffnung. Der Prontor SVS Zentralverschluss ist nur über eine Kupplug und einen Auslösehebel mit der Kamera in Kontakt und wird nur mit einem Sicherungsring an der Rückseite gehalten. Er lässt sich in weniger als einer Minute ausbauen. Eine sehr schöne Konstruktion.
Das Auslösen ist leise, wie man es von einem Zentralverschluss erwartet. Die Bedienung ist vorbildlich, da sich Blende und Verschlusszeit hervorragend erfühlen lassen. Es fehlt lediglich eine Rastung, die das Sunny-16 Fotografieren erleichtern würde.
Man muss schon aufpassen, dass man nicht versehentlich das Vorlaufwerk V aktiviert. Das Hemmwerk läuft sehr leise und gibt keinerlei optischen Hinweis, wie weit es schon gelaufen ist.
Die Naheinstellgrenze liegt bei ca. 80cm effektiv. Das ist für ein 45mm Objektiv schon sehr praxistauglich.
Der Meßsucher ist grenzwertig klein, hat aber eine angenehme Basis, die länger ist, als bei den modernen Nachfolgern. Fast eine halbe Umdrehung beträgt der Stellweg am Objektiv, der gleich mit 2 Fokustabs bestückt ist. Der Meßsucheraufbau besteht aus einem Schwenkspiegel und 2 Prismen. Im gereinigten Zustand ist er klar und kontrastreich. Der Meßfleck schimmert herrlich golden. Im Dunklen ist er allerdings schwer zu erkennen. Der Sucher deckt den kompletten Bildausschnitt ab, ist aber nicht mit einem Leuchtrahmen versehen. Meßsucher pur. Das Fokussieren macht Freude.
Nicht zuletzt, weil die Kamera sehr leicht ist. Viel Aluminium im Aufbau der Kamera, trägt zu dem geringen Gewicht bei. Die Konstruktion der Kamera ist wenig verspielt und sehr logisch konzipiert. Aus Sicht des Reparatuers ist die Kamera eine Meisterleistung.
Das Bildzählwerk liegt aussen, wie bei einer Leica M2 und wird manuell zurückgedreht. Die Filmmerkscheibe kennt nur die deutschen Filmempfindlichkeiten. Der Rückspulknopf kann und muss hochgezogen werden, um eine Filmpatrone wechseln zu können.
Das Objektiv verhält sich so, wie man es von einem guten Tessar erwarten würde, wenn es ein Tessar wäre: Es bildet sehr scharf ab. Allerdings sind die Linsen absolut nicht vergütet und hoher Kontrast ist nicht die Stärke des Cassar S. In Gegenlichtsituationen kommt es schnell zu Geisterbildern und Reflektionen. Der Name Cassar spielt mit dem Begriff Tessar, aber das Cassar ist ein 3-Linser.
Die Regula Cita ist schon etwas Besonderes für Zeit um 1954, da sie Kompaktheit, Leichtigkeit und Fokussierbarkeit wie kaum eine andere vereint. Eine Konica Auto S3 könnte man fast als Enkel betrachten, oder vielleicht war die Cita einfach nur die Inspiration für die Meßsucher der Siebziger.
In diese Epoche fällt noch eine deutsche Messsucherkamera ähnlicher Größe und Funktionsweise: Die Braun Paxette. So ganz allein ist die Cita also nicht.
Wem der Stil der fünfziger Jahre gefällt, dem kann ich die Kamera nur empfehlen. Sie ist mechanisch eigentlich unkaputtbar und lässt sich schnell wieder herrichten. Der Prontor Verschluss neigt zum verölen und verharzen und so ist es kaum zu erwarten, dass man heute noch ein Exemplar bekommt, was hinreichend genaue Zeiten produziert. Im Zweifelsfall hat man aber eine Schönheit für die Vitrine oder wendet sich an eine Fachwerkstatt. Die Wartung des Prontor SVS ist kaum mit Aufwand verbunden.
C. Merkle 18. Juni 2019
Hallo!
Schöner Artikel. Leider ist da ein fehler unterlaufen. Das Cassar S ist ein Dreilinser und daher kein Tessar Typ.
Matz 18. Juni 2019 — Autor der Seiten
Danke für den Hinweis. Ich habe die Information entfernt.
Gruß, Matz
Berndt Meyer 22. April 2024
Hallo Matz,
beim Test meiner „neuen“ Cita II ist mir etwas aufgefallen:
Das Zahnrädchen, das in der Filmperforation einrastet hat keinen eigenen Antrieb. Es transportiert also nicht den Film, sondern der Film bewegt das Zahnrad und gibt damit den Auslöser frei. Ist das normal oder ist da was kaputt?
Matz 22. April 2024 — Autor der Seiten
Hallo Berndt,
das ist richtig so. Der Zahnkranz dient nur zur Steuerung des Auslösers.
Gruß, Matz