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Kompakt: Damals und Heute, Canon GIII und G5x

Kompaktkameras und Meßsucher waren bis zur Einführung des Autofokus eng miteinander verbunden. Wer damals einen höheren Anspruch an eine kompakte Reisekamera gestellt hat, für den gab es eigentlich nur eine Meßsucherkamera und wenn der Anspruch groß genug war, dann führte zumindest Anfang der Siebziger Jahre kein Weg an der Canonet GIII vorbei. Mit einer herausragenden Optik, Halbautomatik und manueller Steuerung sowie einer Belichtungsmessung und Fokuskontrolle über einen sehr guten Meßsucher, war sie damals im Kompaktsegment die Königin. Doch was ist das heutige Pendant zur GIII?

Die Sache mit dem G

Ich weiß natürlich nicht genau, was die Grundlage für die Namensgebung im Hause Canon ist. Bei der Canonet GIII steht das G für Generation und die III drückt daher die 3. Generation der Canonet QL aus. In der Neuzeit gibt es eine Serie von Profi-Kompakten, die ebenfalls das G im Namen tragen und die wie ihre Ahnin, hohe Qualität auf kleinstem Raum versprechen… und halten. In diesem Beitrag werde ich daher einen kleinen Vergleich zwischen der Canon Powershot G5x und der Canon Canonet GIII QL17 anstellen. Alle Bilder in diesem Beitrag mit einer G5x aufgenommen worden.

Canon GIII vs. G5x
Ein langer Weg von der Canonet GIII: Die Canon Powershot G5x. Eine Kompakte mit einer überraschend guten Bildqualität, gemessen an der Größe der Kamera und des Sensors.

Canon Powershot G5x Fokus

Zur Canonet GIII gibt es hier schon einen Bericht, daher ist jetzt erst einmal die G5x an der Reihe. Die G5x ist keine Meßsucherkamera und das ist natürlich auch gut so. So schön der Meßsucher auch ist, so ist ein bissiger Autofokus natürlich noch besser und in dieser Disziplin bietet die G5x großes Kino. Die Messung ist kontrastbasiert und ähnelt dem alten Honeywell-Prinzip, nur dass hier direkt das Bild auf dem Bildsensor ausgewertet wird. Die Fokus ist superschnell und Präzise – nicht zuletzt weil das Objektiv die Fokusfahrt sehr schnell absolvieren kann – ein Nikkor D Objektiv ist dagegen eine Schnecke 😉 (und ich mag meine D600 wirklich)

Canon GIII vs. G5x
Viel Technik auf wenig Raum. Das galt schon für die Canonet GIII und besonders für die G5x.

G5x Kompakt

Die G5x ist kleiner und leichter als eine Canonet GIII. Das Objektiv der G5x fährt sich so weit ein, dass die Kamera dadurch deutlich flacher wird, als die Canonet. Sie passt daher tatsächlich in eine Hosentasche. Gut: Die Hosentasche sollte schon ein Format haben, wie es bei einer Jeanshose üblich ist und auch eine Cargohose erleichtert das Verstauen, aber dennoch: Die G5x ist vollkommen taschentauglich. Die GIII hingegen passt auch mit gutem Willen nicht in eine Hosentasche.

Zeitreise

Eine G5x mit einer GIII zu vergleichen ist im Grunde kein fairer Vergleich. Während die GIII ein Kind der frühen 1970er Jahre ist, erschein die G5x Ende 2015 und daher liegen über 4 Jahrzehnte technologischer Fortschritt zwischen den beiden Kameras. Trotzdem passen die beiden aber irgendwie zusammen, denn sie repräsentieren die Kompaktklasse ihrer Zeit.

Canon GIII vs. G5x
Aus der Nähe: 5cm von Frontlinse zu Motiv sind bei 8.8mm Brennweite mit der G5x möglich. Die GIII braucht mindestens 80cm zur Filmebene.

Vollformat Negativ gegen 1 Zoll Bildsensor

Ich mag ja den Begriff „Vollformat“ nicht. Es hat mit „voll“ absolut nichts zu tun. Es ist nur das Kleinbildformat. Die GIII bedient sich also an dem damals normalen 35mm Kleinbildformat und nutzt ein extrem scharfes und kontrastreiches Objektiv, um bis zu 80 Lp/mm auf einem guten 100er Farbnegativfilm aufzulösen. Das ist wirklich nicht schlecht und auf Schwarzweiss lassen sich auch 120 lp/mm erreichen – sofern man einen erstklassigen Film erwischt hat. Die G5x dagegen hat nur einen ca. 8 x 13 mm großen Sensor und somit einen Crop-Faktor von 2,7 zum Kleinbildformat. Zusammen mit der wirklich erstklassigen Zoomoptik, löst die G5x aber ganz locker jenseits der 150 Lp/mm auf und stellt am Ende satte 20 MP an Auflösung bereit. Die GIII kann da dann doch nicht mehr mithalten. Der Fortschritt zeigt sich hier sehr deutlich.

Bokeh

Jetzt könnte man ja sagen: Dafür hat Vollformat der bessere Bokeh. Das ist theoretisch richtig, aber bei 40mm Brennweite und einem minimalen Motivabstand von 80cm erreicht man kein echtes Bokeh und somit ist die GIII auch keine gute Portrait und absolut gar keine Makro Kamera. Die G5x hingegen fährt ein pfiffiges Konzept. Auch wenn der Crop-Faktor von 2,7 ersteinmal kein Gewinn scheint, so gleicht die G5x das durch das lichtstarke Objektiv wieder aus. Mit einer Lichtstärke von 1.8 bis 2.8 (am Tele-Ende), liefert sie KB-äquivalente Blenden von 4,86 bis 7,56. Der kleinste Motivabstand im Weitwinkel (24mm) liegt bei nur 5cm und am Tele-Ende (bei 100mm) bei nur 40cm. Man stelle sich jetzt eine APSC-Kamera mit Kitzoom 18-55 3.5-5.6 vor: Das sind KB-äquivalent 5,6 bis 8,96. Das bedeutet, dass die G5x ein höheres Freistellpotential mitbringt, als ein APSC-System mit einfacher Kit-Linse. Und um es anders auszudrücken: Die G5x ist eine richtig gute Portrait- und Makrokamera mit einem schönen Bokeh.

Canon GIII vs. G5x
Ohne Vorschau: Im Jahr 1973 hat das niemand vermisst.

Point And Shoot

Die G5x wie die Canonet GIII sind auf ihre Art Point and Shoot Kameras. Bei der G5x ist das auch plausibel, denn sie ist mit einem narrensicheren Auto-Modus und einem treffsicheren Autofokus ausgestattet. Bei der GIII funktioniert das aber ebenso und dazu hat die GIII ein paar blaue Markierungen. Stellt man die GIII auf eben diese Markierungen ein (inkl. des Fokus), kann man einfach drauf los knipsen, sofern das Motiv mehr als 3 Meter entfernt ist. Diesen Schnappschußmodus (oder früher auch Sportmodus genannt) findet man bei vielen Kameras der früheren Tage. Man gab sich damals mit der gebotenen Schärfe auf einem 9×13 Abzug eben zufrieden.

Canon GIII vs. G5x
Rücken an Rücken. Die GIII ist wirklich nicht große, doch die G5x unterbietet das locker und passt dabei sogar in eine Hosentasche.

Die Gemeinsamkeiten

Technisch haben die Kameras nicht viel gemeinsam. Da wäre der Zentralverschluß, das Canon Logo oder die Kompaktheit, doch ansonsten liegen zwischen den beiden Kameras Welten. Außerhalb der Technik, haben die beiden aber sehr viel gemeinsam. Sie sind Kreativwerkzeuge und animieren zum Experimentieren, Sehen und Gestalten. Sie sind klein und handlich und finden in jeder Tasche platz. Man nimmt sie gerne mit und bereut niemals, sie mitgenommen zu haben. Besser kann es eine Kamera nicht machen. Was nützt die schwere digitale Vollformatausrüstung, wenn man sie nicht immer mitnehmen möchte oder mitnehmen kann. Manche Motive verschließen sich auch, wenn man mit großer Technik anrückt. Nicht so bei der GIII und G5x. Klein und unauffällig. Flüsterleise (besonders die G5x, deren elektronischer Zentralverschluß kaum zu hören ist) und reaktionsschnell.

Canon GIII vs. G5x
Ein Klassiker der Kompaktkamerageschichte und ein Meßsucher.

Es muß nicht immer Kaviar sein

Als begeisterter Fotoamateur läuft man schnell Gefahr, immer mehr in immer teurere Ausrüstung zu investieren und als Leica M Enthusiast muß man sich selbstkritisch fragen, ob man nicht schon längst den Boden unter den Füßen verloren hat… selbstverständlich nicht 😉 Aber es ist nunmal nicht die Ausrüstung, die das Motiv hervorlockt und das sollte uns immer bewußt sein. Vor vielen Jahren hatte ich mir neben der großen DSLR Ausrüstung eine Fuji X10 zugelegt. Eine wirklich tolle kleine Kamera mit einem 2/3″ Sensor und lichtstarken Objektiv. Damit habe ich unglaublich viele Bilder gemacht. Leider ist die X10 irgendwann kaputt gegangen und ebenso schade ist es, dass Fuji diese Art von Kameras heute nicht mehr herstellt. Glücklicherweise lief mir die Canon G5x über den Weg, die der X10 in allen Belangen haushoch überlegen ist und das gleiche Gefühl vermittelt, wie die Canonet GIII. Wer also auch mal oder wieder mal mit leichtem Gepäck reisen will, sollte sich dringend nach einer „Edelkompakten“ umsehen.

Canon G5x Sample
Bokeh G5x
G5x

Der Trick, um alle Bilder in diesem Beitrag mit der G5x aufnehmen zu können, ist einfach der, das man 2 davon zur Hand hat. Aktuell (02/2021) kann man die G5x sogar noch neu kaufen.

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