Lichtgriff

Messsucher Fotografie, Elektrisches und Bass

FED 5 – Meßsucherspaß für 20,-

Die FED 5 bzw. die hier vorgestellte Version 5b ist eine M39 Meßsucherkamera, die bis in die späten 1990er Jahre in der ehemaligen Sowjetunion hergestellt wurde. Sie ist also nicht unbedingt alt, wenn man sie heute gebraucht bis sogar neu kauft. Richtig gelesen: Man kann heute noch unbenutzte FED 5 kaufen und bis vor ca. 10 Jahren war die 5b noch im Programm eines deutschen Fotoversandhändlers. Der Preis ist attraktiv, denn für meine FED 5b im neuwertigen Zustand habe ich gerade einmal 20,- bezahlt. Grund genug für einen Beitrag zum Thema Meßsucherspaß für 20,-

100 Jahre alte Technik

Das muß man sich einfach mal bewußt machen. Die FED 5b basiert im Kern auf dem Verschluß der FED 1 und ist damit eine zeitlich entfernte Kopie der Leica II, einer Kamera, die vor rund 100 Jahren auf den Markt kam. Als die erste Version der FED 5 Ende der 1970er Jahre auf dem Markt kam, war sie schon komplett veraltet, aber diese Kamera dann noch bis fast in unsere Gegenwart weiterzubauen, ist schon recht merkwürdig.

FED 5
FED 5b – ein echtes Bildzählwerk mit einer Merkscheibe für den Filmtyp

Kleiner Fortschritt im Detail

Umso erstaunlicher sind die vielen kleinen Detailänderungen, die an der modernen FED 5 vorgenommen wurden. Hier haben wir ein richtiges Bildzählwerk, was sich selbst zurückstellt. Eine feste Spule mit Schnelleinfädelung, Hotshoe, Schnellschalthebel und gegen Aufpreis ein Modell mit einfacher Belichtungsmessung. Die Maßhaltigkeit der FED 5b ist großartig. Während bei frühen FED Kameras die Maße der Bauteile im fast vollen Millimeterbereich schwankten, liegen die Toleranzen bei der FED 5 im 1/100 mm Bereich. Scheinbar wurde der Faktor Mensch gegen die Präzision einer CNC Maschine ausgetauscht. Der Gesamtverarbeitung kommt das durchaus zu Gute. Und sogar beim Industar 61 haben die Sowjets dazugelernt und haben endlich eine simple, einfache Rundung an den Anfang des Objektivgewindes gedreht, wodurch man die Linse ohne Fummelei aus jeder Lage an die Kamera schrauben kann. Weshalb sich KMZ und FED so unglaublich schwer getan haben, diesen einfachen Produktionsschritt an der Drehbank nicht von Anfang an zu machen, wird mir immer rätselhaft bleiben.

FED 5
FED 5b mit Industar 61 (55mm f2.8) – Eine exzellent scharfe Linse.

Design

Sie passt irgendwie gut in die späten 1970er Jahre mit ihrem klobigen Design. Eine Leica M5 war zu der Zeit auch kein Hingucker (nach heutigen Maßstäben). Schaut man sich die FED 5 heute an, überkommt einem das gewisse Schaudern, aber irgendwie macht das ihren Reiz aus. Vielleicht ist es aber auch ganz gut, dass die Kamera nicht noch ein Designupdate in den 1980er oder 1990er Jahren bekommen hat, denn aus dieser Zeit stammen in der Kamerawelt kaum Designhighlights.

FED 5
Bekannt von der FED 2: Das Chassis der FED 5 ist mit dem der FED 2 identisch.

70 Jahre alte Technik

Nachdem wir festgestellt haben, dass das Grundprinzip der Kamera 100 Jahre alt ist, können wir jetzt feststellen, dass die FED 5 um das gleiche Chassis gebaut ist, wie die FED 2 aus dem Jahr 1955. Die meisten Teile können zwischen diesen beiden Kameras beliebig getauscht werden und so kann man beispielsweise die Rückwand der FED 5 einfach mit der FED 2 tauschen und andersherum. Das ist übrigens eine sehr praktische Eigenschaft der FED 5, denn so kann man mal eben schnell seiner FED 2 eine frische Rückwand bescheren, wo Lack und Vulkanit noch in Ordnung sind.

FED 5
Türkis, Gelb, Rot: Farbsprache der Neunziger

Bedienung

Es ist eine Schraubleica und genau so wird sie auch bedient. Erst den Verschluss spannen, dann das Zeitenrad anheben und die gewünschte Zeit einstellen. Danach fokussieren oder Blende stellen oder beides und auslösen. Durch den Schnellschalthebel ist die Bedienung etwas flüssiger, als mit einer klassischen Schraubleica und macht Spaß. Ja, man muß sich das Bild schon erarbeiten 🙂

FED 5
Hotshoe – hier lässt sich ein moderner Elektronenblitz anschließen und bei 1/30 synchronisieren

Meßsucher

Das Wichtigste an einer Meßsucherkamera ist der Meßsucher und wenn ich von einem Spaß für 20,- schreibe, dann ist die FED 5 prädestiniert für ein Einsteig in die klassische Meßsucherfotografie. Der Sucher vergrößert das Bild um den Faktor 0,7. Damit ist das Bild also kleiner als in Natur. Der Meßfleck ist rund, relativ undefiniert aber exzellent zu erkennen. Die effektive Basis ist nicht die höchste, doch ist exaktes Fokussieren problemlos möglich. Der Meßsucher der FED 5 ist vollkommen tauglich für ein gutes Meßsuchererlebnis.

Industar 61

Die mitgelieferte Linse ist ein Industar 61 mit einer Brennweite von 55mm und einer minimalen Blendenzahl von 2.8. Es gäbe also durchaus lichtstärkere Objektive, aber das Industar ist vergütet und bildet wirklich sehr scharf ab. Die Blende rastet leider nur in vollen Stufen. Auf jeden Fall ist die Kombination aus FED 5 und Industar 61 eine im wahrsten Sinne scharfe Sache. Und das für nur 20,- 🙂

FED 5 Feddy
FED 5b mit Industar 61 auf FP4+ bei 250 ASA, Entwickelt in Adox XT-3

Filmeinlegen

Endlich mal eine Schraubleica, bei der man nicht fummeln muss. Der Film wird einfach nur in einen der 4 Schlitze der Aufwickelspule gesteckt, gespannt und schon kann die Rückwand aufgesetzt werden. Für den Rücktransport wird wie ab der FED 2 gewohnt, der Kragen um den Auslöser nach unten gedrückt. Mit einer modernen Hightech Rückpulkurbel kann der Film dann zurück in die Patrone befördert werden.

FED 5
Schnell den Film wechseln: Die FED 5 kommt mit einer Schnelleinfädelung.

Die Fakten

  • Tuchschlitzverschluss, horizontal ablaufend
  • Verschlusszeiten von 1/1 bis 1/500 und B, internationale Teilung
  • Vorlaufwerk ca. 10 Sek.
  • Mischbildentfernungsmesser 0,7x
  • M39 (LTM) Gewindefassung
  • Bildzählwerk, selbstrückstellend
  • Schnellschalthebel
  • Hotshoe
  • Synchronisation für Elektronenblitze bei 1/30
  • Stativgewindeanschluß
  • Drahtauslöseranschluß

Spaß für 20,- ?

Absolut ja! Für das wenige Geld, was man heute für eine FED 5 berappen muss, ist der analoge Meßsucherspaß riesig. Für das Geld muß man einfach nicht überlegen. Selbst wenn der Meßsucher oder die analoge Fotografie sich als nicht das Richtige für einen selbst herausstellt: Für den Tarif macht man keinen Verlust. Durch ihr vergleichsweise geringes Alter muss man sich auch keine Gedanken um einen CLA oder Reparatur machen. Die meisten FED 5 – wenn sie von Außen noch sehr gut aussehen – sollten technisch voll benutzbar sein. Mein eigenes Exemplar ist technisch in einem neuwertigen Zustand und war aus dem Karton heraus direkt einsetzbar.

Sowjetpower

Alternativ schaut Euch noch die FED 1, FED 2 und Zorki 4 an. Auch diese Schätze aus der Ukraine gibt es für wenig Geld und machen einen riesen Spaß, wenn sie gut gepflegt sind.

FED 5 Selfie

Das obligatorische Spiegelselfie mit der FED 5b, Industar 61 auf Ilford FP4+ bei 250 ASA. Entwickelt in Adox XT-3.

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7 Kommentare

  1. Thomas Josiger 20. April 2021

    Übrigens ist das keine 5B, sondern eine 5W. Denn der kyrillische Buchstabe, der wie ein B aussieht, ist ein W. Vielleicht findet sich mal eine Erklärung, warum da das W (B) steht.

  2. Ralph 2. März 2022

    Jetzt habe ich mir vorlauter Frust angesichts der Geschehnisse in der Welt tatsächlich eine angeblich neue Fed5 bestellt.
    Kann die alle Objektive mit 39er Leica-Gewinde?
    Auf dieser Seite lässt einen die Messsucherlust ja nicht los. Meine XA macht tolle Bilder, hat aber einen miserablen Messsucher und meine Voigtländer macht warum auch immer viele Bilder einfach nur schwarz. Das ist jetzt mein 3. Versuch.
    Beste Grüße und Dank für die schöne Seite.
    Ralph

    • Matz 3. März 2022 — Autor der Seiten

      Hallo Ralph,
      die FED5 funktioniert mit allen M39 Objektiven. Die Kamera war ja noch bis um die Jahrtausendwende neu bestellbar. Es ist also sehr gut möglich heute noch neue FED5 zu bekommen. Viel Spaß damit!

      Gruß, Matz

  3. Lorenz 12. Oktober 2023

    Hallo,
    habe mir auf deine Empfehlungen zum Einstieg eine FED5 zugelegt. Optisch in bestem Zustand und angeblich kaum genutzt. Alles funktioniert, nur klappert/ rasselt es im oberen Gehäuseteil aus der Richtung des Messsuchers. Die Intensität lässt sich über den Dioptrienausgleich steuern… Ist ein bisschen Klappern üblich oder kommt da was auf mich zu? In jedem Fall ein schönes Gerät.
    Viele Grüße!

  4. Lorenz 13. Oktober 2023

    Hallo,
    ich habe mir auf deine Empfehlung eine FED5b zugelegt um das Messsucherthema mal auszuprobieren. Technisch würde ich sagen, dass meine Kamera in Ordnung ist. Wenn ich die Kamera neige klappert aber etwas im Bereich des Dioptrienausgleichs. Die Lautstärke des Klacken/ Klapperns kann über die Stellung des Dioptrienausgleichs „eingestellt“ werden. Ist das “normal” bei dieser Kamera oder habe ich da eine Reparatur vor mir?
    Viele Grüße und einen sehr schönen Blog hast du hier!

  5. Matz 14. Oktober 2023 — Autor der Seiten

    Hallo Lorenz,
    Normal ist das zwar nicht, aber auch nicht ungewöhnlich. Im Inneren sitzt eine Fassung, die sich dreht und die ist u.U. so ungenau gefertigt, dass es klappert. Das macht aber nichts, solange die Funktion gegeben ist.
    Gruß, Matz

  6. Martin 3. November 2023

    Hallo Matz,

    Interessante Seite!
    Habe auch jeweils eine 5 und 5b(W) und die gefallen mir sehr.
    Was mir auffällt das die beiden Kameras Metallabtrieb am Verschluss haben.Könnte Allu sein.Auch bei Euch?
    MFG Martin

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